Grosses Scheitern

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Filmkritik

Grosses Scheitern

Aguirre (Der Zorn Gottes). Abenteurerfilm von Werner Herzog. Deutschland 1972. Farbe, 93 Minuten, Erstaufführung: ARD, 16. Januar, 21 Uhr.

Werner Herzog, 30, der mit internationalen Festivalpreisen meistdekorierte deutsche Filmemacher, bleibt bein seinem Leitmotiv: Auch sein fünfter Langfilm (nach Fata Morgana und Land des Schweigens und der Dunkelheit) beschreibt "ein ganz grosses Scheitern".

Spanische Konquistadoren des Jahres 1560, so die Handlung, suchen im peruanischen Dschungel das Traumland Eldorado. Goldgier treibt ihren Unterführer Lope de Aguirre (Klaus Kinski), der sich auch "Zorn Gottes" nennt, zur Meuterei und ins allmähliche Verdreben:

Von dem Sondertrupp, den er auf eigene Faust, in Harnisch und mit Hellebarden, durch den Dschungel und gegen die verborgenen Indios führt, bleibt kein Gefolgsmann am Leben. Nur Aguirre, wahnsinnig und einsam, übersteht die Fährnisse im Fieber.

Um diesen perfekten, unter Opfern finanzierten (Herzog: "Ich habe alles verkauft") Abenteuerfilm zu realisieren, musste Herzog hunderte von Hochlandindianern engagieren und "ihre Riesenration Cocablätter" beschaffen. Er liess in Peru ein schwimmendes Dorf für seine Filmequipe errichten und konnte nicht umhin, sich "einige Sachen" zu leisten.

So fallen etwa in einer Aguirre-Szene 350 Affen über die Eroberer her, und die, sagt Herzog, "haben wir einfach geraubt": "Die waren schon in einem Flugzeug, verkauft an einen Amerikaner. Wir haben uns als Tierärzte ausgegeben und die Affen aufs Auto geladen und sind getürmt." Leichtere Unfälle in der Wildnis behob ein Tierarzt im Filmteam.

Obwohl aber der Regisseur bisweilen nicht übel Lust hatte, "den Kinski", seinen disziplinlosen Star, "zu erschiessen", ist Herzogs bisher grösstes Filmprojekt nicht zum Monstre-Spektakel entgleist.

Sensibel, wie schon in seinem an Buñuel orientierten Liliputaner-Lichtspiel Auch Zwerge haben klein angefangen, führt er seine internationalen Darsteller. Schlicht, nach dem zeitgenössischen Tagebuch eines Mönchs, entwickelt er seine Geschichte als Chronik, und kühl, auf die seit seinem Erstling Lebenszeichen praktizierte Weise, kalkulierte er Bildeffekte, "wie man sie nur träumen kann" (Herzog).

Gleich zu Beginn etwa hiess er seinen Kameramann Thomas Mauch Indianer beim Abstieg von einer 1'000 Meter hohen Felswand filmen, und später schreit Aguirre-Darsteller Kinski ein Pferd so gellend an, dass der Gaul darob umfällt. Herzog: "Da hat der Tierarzt eine Anästhesie gegeben, und wir wussten genau, wann das Pferd zusammenbricht."



Autor: unbekannt