Theaterstück "Don Carlos" (Friedrich Schiller)

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Originaltitel Don Carlos
Form
Autor Friedrich Schiller
Uraufführung


Aufführungen

Szene mit Hans Hessling als Grossinquisitor (in der Maske eines Giftzwergs mit aufgeklebten Froschsteilaugen), Fritz Kortner als König Philipp II. und Ernst Schröder als der Finsterling Domingo
Bühnenfassung Fritz Kortner
Regie Fritz Kortner
Bühne und Kostüme Wolfgang Znamenacek
Musik Kurt Heuser
Darsteller Fritz Kortner, dann Herbert Hübner (König Philipp II.), Charlotte Campen (Elisabeth von Valois), Paul Edwin Roth (Don Carlos), Helene Riechers (Herzogin von Olivarez), Yvonne Sturm (Marquisin von Mondecar), Ruth Hausmeister (Prinzessin von Eboli), Horst Caspar (Marquis von Posa), Herbert Hübner (Herzog von Alba), Hans W. Hamacher (Graf von Feria), Willy Sämann (von Taxis), Ernst Schröder (Domingo), Hans Hessling (Der Grossinquisitor), Julia Fjorsen (ein Page des Königs), Herbert Stass (Offizier), Edgar Ott (Prinz von Parma), Hugo Gau-Hamm (Herzog von Medina Sidonia), Robert Müller
Sprache Deutsch
Erstaufführung 1950.12.03 Berlin, Hebbel-Theater (Intendanz: Oscar Ingenohl)

Klaus Kinski erzählt:

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"Wie konnte man es wagen, ihn mir jahrzehntelang vorzuenthalten!" sagt Fritz Kortner nach unserer ersten Begegnung. "Er ist der einzige Schauspieler, der mich erschüttert, wenn ich ihn nur ansehe. Es gibt auf der ganzen Welt keinen anderen Don Carlos für mich!"

Vier Jahre zuvor, am Schlosspark-Theater, hatten diese ekelhaften Schauspieler über mich gelacht, als ich geäussert hatte, dass ich eines Tages Don Carlos sein werde.

Nach ein paar Wochen Probenarbeit mit Kortner habe ich genug von seiner Diktatur und Ungerechtigkeit. Ich schreie, dass er mich am Arsch lecken soll.

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 139

Die Premiere des Stücks am 3. Dezember 1950 entfachte den ersten grossen Theaterskandal nach dem zweiten Weltkrieg. Die Vorstellung wurde immer wieder unterbrochen, sie wurde lautstark als geschmacklos, lächerlich, verzerrend und ind falscher Weise als provozierend empfunden. Der "authentische Klang" der Verse wurde eingeklagt, Fritz Kortner indes hatte ihren gestischen Gehalt vorführen lassen, hatte die Emotionen der "Kälte" seiner Gedanken unterworfen, so dass sich der Effekt einer exzessiven Analyse einstellte, die Kurt Pinthus bereits 1928 als besonderes Kennzeichen der Kortnerschen Spielweise hervorgehoben hatte: "Auch lyrische Passagen bringt er hirnlich geordnet. Auch im Gefühlsausbruch ist immer noch die harte Präzision und gehämmerte Unheimlichkeit der Maschine... Jedes Wort, auch bei rapidem Sprechen, ist verständlich, nicht weil er distinkt spricht, sondern weil der Satz als Totalität verständlich wirkt."

Friedrich Luft machte sich vehement zum Anwalt der für ihn verständlichen Proteste, er argumentierte gegen die technisch zu aufgesetzte Aufführung, die er schnell zu vergessen entschlossen war, um desto nachdrücklicher zu wünschen, den Schauspieler Kortner demnächst wieder "so treffend und zielsicher in Aktion zu sehen" wie beim am 31. Mai 1950 aufgeführten Tod des Handlungsreisenden: "Hin und wieder riss Horst Caspar (Posa) den überdrehten und mürben Faden solcher Darstellung strahlend hoch, während Paul Edwin Roth (Carlos) nicht viel mehr gab als in Geste und Ton die genaue Imitation des Regisseurs Fritz Kortner selber, der sich als König eingesetzt hatte und sonderbar müde und dann wieder outriert wirkte."

Minutenlanger Protest erhob sich im 5. Akt, als ein Trupp Soldaten, der auf Albas Geheiss "Madrid den Frieden" zu bringen hat (das heisst, den Volksaufstand niederzuschlagen hat), Feuersalven ins Publikum abfeuerte. Dieser Effekt war von Kortner in dieser Form nicht geplant gewesen, die Drehbühne war nur zu früh arretiert worden, so dass die Salven nicht seitwärts (auf die brodelnde Volksmenge), sondern noch in Richtung Zuschauerraum losgingen. Man war aber offensichtlich nur bereit, den Vorfall misszuverstehen, und hier zeigte sich, wie tief der Riss denn doch war zwischen dem Emigranten Kortner, den die Nazis zum jüdischen Dämon schlechthin erklärt hatten, und den daheimgebliebenen braven Untertanen, die schlechten Gewissens sich in die Rolle von Opfern der Rachsucht dieses Dämons gedrängt sahen.

Kortner war den Protesten nicht gewachsen und reagierte überempfindlich, fast panikartig; er zeigte sich tief verstört und räumte sofort das Schlachtfeld der Auseinandersetzungen. Nach zwei Vorstellungen gab er die Rolle des Philipp an das ehemalige NSDAP-Mitglied Herbert Hübner ab und reiste am 12. Dezember 1950 aus Berlin ab. Er begründete seinen Entschluss mit den anonymen Drohbriefen und antisemitischen Beschimpfungen, mit denen er seit einiger Zeit bedacht wurde, so dass er den Verdacht nicht loswerden konnte, ein Teil der Störer in der Premiere sei vorsätzlich und organisiert in Erscheinung getreten. "Falsch ist es von ihm", meinte der Telegraf, "den Pfiffen, die bereits in der Premiere erfolgten, einen politischen Hintergrund zu geben. Das Publikum hat so spontan reagiert, weil es von der Bühne her beschossen wurde, ein immerhin ungewöhnlicher Vorgang. Gewiss mag der eine oder andere anonyme Brief, der Kortner erreicht hat, auch andere Töne angeschlagen haben." Die Töne, die in diesen Briefen angeschlagen wurden, lauteten so: "In Vorbereitung: Der Irre vom Hebbel-Theater. Schauspiel von Fritz Kortner. - Es ist schade, dass Hitler nicht noch mehr Juden verbrannt hat."

Regiekollege Helmut Käutner kommentierte boshaft: "Es scheint einer der wenigen Fälle eingetreten zu sein, wo die sogenannte innere Gerechtigkeit einmal nach aussen sichtbar wird."