Theaterstück "Der grüne Kakadu" (Arthur Schnitzler)
Originaltitel | Der grüne Kakadu |
Form | Groteske in einem Akt |
Autor | Arthur Schnitzler |
Uraufführung | 1899.03.01 Wien, Burgtheater |
Am 1. März 1899 spielte das Wiener Burgtheater unter dem Motto "Wir spielen immer; wer es weiss, ist klug" Arthur Schnitzlers Einaktersammlung Die Gefährtin, Paracelsus und Der grüne Kakadu. Jedes dieser Stücke macht die Probe auf einen anderen Bereich der Wirklichkeit: auf den des Zusammenlebens zweier Menschen, auf das Verhältnis von Traum und Wirklichkeit, schliesslich in Der grüne Kakadu auf die Eigenart einer historischen Umbruchsituation mit einer deutlichen Absage an die Politik. Das Theaterstück behandelt Schnitzlers Leitmotiv von Spiel und Wirklichkeit. Für die republikanisch gesinnten Schauspieler ist das Spiel Wirklichkeit, um ihren politischen Protest auszuleben. Für die Aristokraten ist die Wirklichkeit Spiel und das Spiel, sobald sie sich durch die Illusion mitreissen lassen, wieder Wirklichkeit. Das Stück erschien noch im selben Jahr im Druck. Die österreichische Zensur mochte sich nicht zu einem Verbot durchringen, doch führte das Burghtehater erst 1905 mit Zwischenspiel wieder ein Stück Schnitzlers auf.
1959 inszenierte der Intendant der Freien Volksbühne in (West-)Berlin, Rudolf Noelte, an seinem Theater das Programm Programm "Illusionen", das aus drei Theaterstücken besteht, darunter Arthur Schnitzlers Der grüne Kakadu, in dem Klaus Kinski die Hauptrolle spielte.
Inhalt
Der frühere Theaterdirektor und jetztige Wirt Prospère hat sein Lokal "Zum grünen Kakadu" in Paris als Verbrecherherberge eingerichtet. Allabendlich spielt hier er mit seiner früheren Schauspielertruppe seinen noblen Gästen aus der Aristokratie Unterwelt vor. Gegen gute Bezahlung können die feinen Herrschaften miterleben, dass sie anscheinend unter Einbrechern und Mördern sitzen, dass sie als gruselige Sensation von Verbrechen hören, die nie begangen wurden. Auch am 14. Juli 1789 wird hier gespielt, lassen sich die Gäste von den Ganoven beschimpfen und bedrohen, während draussen auf den Strassen von Paris die Revolution tatsächlich losbricht und der Sturm auf die Bastille beginnt. Grasset und Lebret berichten Prospère von der Revolution und der Belagerung der Bastille und schwingen grosse Reden. Ein Kommissar teilt ihm auch mit, dass das Treiben in seinem Wirtshause Ärgernis errege. Grain, ein freigelassener Mörder und Strolch, wird vom Wirt engagiert. Er soll mit seinen Erlebnissen die Gäste unterhalten. Nacheinander erscheinen die Schauspieler und memorieren ihre Rollen; der beste von ihnen, Henri, hat gestern Léocadie geheiratet und ist auf Verbrechen aus Leidenschaft spezialisiert; er ist voller Eifersucht und will sich nach der heutigen letzten Vorstellung mit ihr in eine ländliche Idylle zurückziehen. So blind er für die Wirklichkeit ist - Léocadie, heisst es, sei geschaffen, "die grösste, die herrlichste Dirne der Welt zu sein" - so falsch und pathetisch er seine Liebe und seine Zukunft beschreibt, so überzeugend ist er als Schauspieler. Die ersten Gäste erscheinen. Kurz darauf kommt vorübergehend auch der Herzog von Cadignan. Der Wirt begrüsst sein adeliges Publikum als "Schweine" und "Gesindel"; ein Schauspieler stürzt wie verfolgt herein und berichtet von Taschendiebstählen, ein anderer erzählt, er habe ein Haus angezündet. Dabein spielen die Gäste, bis auf einen adeligen Neuling aus der Provinz und einen wirklichen Verbrecher, die aufgenötigten Rollen mit mehr oder weniger Genuss mit. Man weiss oft nicht, was Wirklichkeit, was Spiel ist. Der Marquis von Lansac erscheint mit seiner Frau Severine, die "wollüstig schauernd" das ganze Treiben verfolgt. Der Dichter Kollin: "Überall blitzt etwas Wirkliches durch. Das ist ja das Entzückende." Den Höhepunkt im Spiel erreicht Henri, der Léocadie inzwischen in ihr Theater gebracht hat und den den schauernden Gästen nun erzählt, er habe eben den Verehrer seiner Frau, den Herzog von Cadignan, erstochen. Er spricht so natürlich, dass selbst Prospère, der von den tatsächlichen Beziehungen der beiden weiss, es für wahr hält. In diesem Augenblick stürmt Pöbel herein: "Freiheit! Freiheit! Sie haben die Bastille gestürmt!" Der Wirt versucht Henri zu beruhigen; da wird es diesem klar, dass er doch nur gespielt habe: "Sie war seine Geliebte? Sie war die Geliebte des Herzogs? Ich hab' es nicht gewusst - ... er lebt... er lebt." Da erscheint verspätet der Herzog; ungeheure Bewegung. Herzog stürzt auf ihn zu und ersticht ihn wirklich. In ironischer Verkehrung wird der Mord aus Eifersucht sogleich für die Revolution nutzbar gemacht und die Massen rufen: "Es lebe die Freiheit!" Das Speil ist in Wirklichkeit übergegangen; die adeligen Gäste fliehen.
Aufführungen
Regie | Rudolf Noelte |
Bild | Jan Schlubach |
Darsteller | Klaus Kinski (Henri) u. a. - 5 grosse männliche (Wirt Prospère, Henri, etc.), 2 grosse weibliche, 5 kleine männliche Rollen, eine Schauspielertruppe, div. Statisterie |
Sprache | Deutsch |
Erstaufführung | 1959.11.09 Berlin, Freie Volksbühne (Intendant: Rudolf Noelte) |