Klaus Kinski rezitierte diese Ballade unter dem Titel "Villon, das bin ich".
Text
- François Villon sagt: Das bin ich,
- welcher gross und grade vor euch steht.
- Seht, in seinen Augen spiegeln sich
- alle Dinge umgedreht.
-
- Niemand weiss, woher er kam,
- will auch niemand hier sein Bruder sein.
- Als er sich den Wind zur Wohnung nahm
- und ins Bett den kalten Stein
-
- hat er seine Heimat satt gehabt,
- wollte lieber sein ein Waisenkind,
- so zerfetzt und abgeschabt,
- wie im Herbst die Bäume sind.
-
- Wenn ich eure Huld jetzt will,
- Bettelpack im Hospital,
- und auch manchen Abend still
- euch um euren Wein bestahl.
-
- Hier, im Nebel sind wir alle gleich:
- Kavalier und Schinderknecht;
- jeder raucht bekümmert bleich
- seinen Tobak und verträgt ihn schlecht.
-
- Hängt zuguterletzt noch gar
- eine Larve sich in das Gesicht.
- Alles, was an ihm natürlich war,
- stäubt zu Asche in dem trüben Licht.
-
- Aber François, der sagt:
- auch der Nebel tut euch nix,
- wenn der Wind den Schnee zusammenjagt,
- brauen wir uns einen Glühwein fix.
|
- Denn mit diesem Stoff im Bauch
- fängt die Welt erst richtig an,
- und die Weiber sagens auch:
- besser zwei, als keinen Mann.
-
- Wichtig ist nur, dass man nicht
- früher sich verliebt,
- als der Mond sein Kussgesicht
- durch das Fenster schiebt.
-
- In des Fleisches weisser Glut
- wohnt man wie gewiegt,
- jeder Mensch ist gut,
- wenn ihn warm ein Arm umschmiegt.
-
- Alle müsst ihr so verspielt noch sein
- wie ein Katzenpaar;
- auch Villon sagt niemals nein,
- hängt sich das Geziefer in sein Haar.
-
- Immer, wenn der Schnee noch da
- auf den Feldern schwimmt,
- sing ich zur Harmonika,
- und mein Mädchen meint: es stimmt,
-
- was ich dann und wann
- ihr geflüstert habe vor dem Schlaf
- und sogar als müder Mann
- noch ins Schwarze traf.
-
- Und bedenkt, dass niemand mehr viel Zeit
- zu verlieren hat;
- manchem blieb vom Sommerkleid
- kaum das Feigenblatt,
|
- darum tanzt, solang der Atem hält,
- rund um euren Bauch herum,
- mit dem letzten Apfel, der herunterfällt,
- geht's auch in der Liebe schief und krumm.
-
- Tröstlich sollt ihr euch dann an Villon
- die verschnupfte Nase fegen
- und mit seinem neusten Song
- fleissig das Gebiss bewegen.
-
- Wo man singt, sagt Orpheus schon,
- werden selbst die Steine weich
- und erlösen den verlorenen Sohn
- aus dem Tierbereich.
-
- Auch Villon hat oft mit Treber nur
- seinen Bauch genährt,
- doch er denkt an diese Tour
- kaum zurück noch, wenn der Tag sich jährt.
-
- Viele Höllen musste er
- noch erleben, eh die Freiheit kam.
- Und sie lief nicht mehr so nebenher,
- als er sie in seine Arme nahm.
-
- Mit den Jahren freilich wird das Blut
- auch bei ihm so nass und kalt.
- Und dann hängt er seinen Hut
- einfach an den nächsten Ast im Wald.
|