Rezitation "Er war wie ich, sagt man" (François Villon)

Aus Ugugu
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Klaus Kinskis Fassung ist in den Strophen 1, 2 und 4 bis 7 beinahe identisch mit der sechsstrophigen Nachdichtung von Paul Zech unter dem Titel "Die Ballade von einem netten kleinen Barbier". Allerdings wurde die dritte Strophe für die Rezitation ganz neu geschrieben.

Rezitationstext

Er war, wie ich, sagt man, ein Bösewicht.
Ich aber sage euch, das gibt es nicht,
dass noch ein andrer so berühmt sein kann
wie ich. Ihr tut ihm unrecht, dem Barbier.
Er war in jedem Fall ein Edelmann
und gab statt drei Dukaten lieber vier,
wenn er an einem Mädchen seine Freude fand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
 
In seiner Jugend hatte er nur das,
was er beim Baden sah im Spiegelglas.
Im Sommer war der Wald sein Nachtgemahl,
und nährte ihn mit Wurzelwerk und Tau.
Und auch im Winter war es ihm egal,
ob er im Fuchsloch oder Ziegelbau
für seinen Kopf ein warmes Lager fand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
 
Ja, er erfuhr sehr früh, dass in der Stadt
nicht jeder gleich ein stolzes Reitpferd hat.
Da wurde er der letzte Knecht im Stall,
und hat sich den Betrieb erst einmal angesehn,
und konnte gleich dem ersten Sündenfall
in seiner armen Haut nicht widerstehn,
weil er das Stehlen ganz natürlich fand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
 
An einem breiten Fluss sah er ein Schiff
gestrandet wie auf einem Felsenriff.
Er hat es flottgemacht und wollte gleich
ins weite Meer hinaus und fand sie nie,
die grüne Insel auf dem grossen Teich,
nur Wind, der wild nach seinem Leben schrie,
weil er den Kniff beim Segeln nicht verstand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
Und als er immer kühner wurde und
auch mit dem Messer stach, der freche Hund,
hat ihn der Club zum Hauptmann ausgewählt.
Da war er im Lateinischen Quartier
wohl nur zum Schein ein hurtiger Barbier
und hat die Männer alle abgekehlt,
die man am Fluss mit leeren Taschen fand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
 
Und als er seinen Lohn dafür bekam
und hängen sollte am Platz von Notre-Dame;
da haben sich die Frauen aus der Stadt
zum Bürgermeister auf den Weg gemacht
und taten schliesslich auch das Feigenblatt
noch ab und sagten, dass er jede Nacht
bei ihnen war, der da beim Henker stand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.
 
Da hat der Rat ihm nur das Fell verbrannt
und wieder in den Wald verbannt.
Und wenn ihr glaubt, dass er schon längst vor Qual
verhungert ist, habt ihr noch immer nicht
kapiert, dass man im Wald auch ohne Licht
die Haselnüsse pflücken kann, zumal
er diese Liebe noch viel schöner fand,
der kleine Herr Ranunkel aus Brabant, hä?