1985 Buch "Die grossen Stars des deutschen Kinos" S. 164-165 Text "Klaus Kinski"
Klaus Kinski
Er hatte nie eine einzige Stunde Schauspielunterricht, spielte Männer- und Frauenrollen wahllos durcheinander und erregte im Nachkriegs-Berlin mit avantgardistischen Erfolgen auf der Bühne und Skandalen im Privatleben die geilen Gemüter. Seine Auftritte, Tourneen und Rezitationsabende waren begleitet von Ruhestörungen und Rumor. Aber er war Cocteaus "menschliche Stimme", und seit er seine Filmkarriere (in Morituri, 1948) begann, wird kein Kinogänger, der ihn je sah, dieses aufgewühlte Gesicht mit dem zitternden Mund und den feuchten Augen wieder los.
In Deutschland war der besessene Bürgerschreck, Ekstatiker und Erotomane schnell als "Killer vom Dienst" abgestempelt. Deshalb ging er 1965 nach Italien, stampfte dort durch die blutdampfende Szene von Italo-Western, die er erklärtermassen nur der Gagen wegen abdrehte und begann danach eine Weltkarriere, die bis heute andauert.
Klaus Kinski, Enfant terrible und Wunderkind, hat alles, was ihn selbst ausmacht, in seine Rollen gesteckt. "Ich habe", sagte er, "aus meinen Lebenserfahrungen eine Lebensregel geformt: das Gehirn muss immer kühler, das Herz immer heisser werden." Nach diesem Motto handeln seine Leinwandgestalten alle, als Verbrecher oder Kopfgeldjäger, Abenteurer oder Legionäre, Prinzen oder Leutnants, Aguirre, Nosferatu, Fitzcarraldo. Wenn Kinski, dieser geniale Amokläufer, sich in sie verwandelt, erschüttern sie jeden.
"Sein Antlitz ist so jung wie das eines Kindes, und seine Augen sind ganz alt - beides zur gleichen Zeit - und im nächsten Augenblick ist es umgekehrt. Ich habe noch nie so ein Gesicht gesehen." - Jean Cocteau
Autoren: Adolf Heinzlmeier, Jürgen Menningen, Berndt Schulz
Im Anhang findet sich überdies eine Kurzbiographie mit einer Titelauflistung von 47 Filmen.