Rezitation "Villon, das bin ich" (François Villon)

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Klaus Kinskis Rezitation basiert auf Paul Zechs Nachdichtung "Eine Ballade für den Hausgebrauch im Winter". Allerdings erzählt Kinski die erste Hälfte der Ballade in der ersten Person statt in der dritten, wie im Original. Ausserdem wurden auch einige Zeilen in der Mitte der Ballade geändert.

Rezitationstext

Villon, das bin ich,
welcher gross und grade vor euch steht.
Seht, in meinen Augen spiegeln sich
alle Dinge umgedreht.
 
Niemand weiss, woher ich kam,
es mag auch niemand hier mein Bruder sein.
Als ich mir den Wind zur Wohnung nahm
und ins Bett den kalten Stein
 
hab ich meine Heimat satt gehabt,
wollte lieber sein ein Waisenkind,
so zerfetzt und abgeschabt,
wie im Herbst die Bäume sind.
 
Wenn ich eure Huld jetzt will,
Bettelpack im Hospital,
und euch manchen Abend still
um euren Wein bestahl
- den ihr selbst gestohlen habt.
 
Hier, im Nebel sind wir alle gleich:
Kavalier und Schinderknecht;
jeder raucht bekümmert bleich
seinen Tabak und verträgt ihn schlecht.
 
Hängt zuguterletzt noch gar
eine Larve ins Gesicht.
Alles, was an ihm natürlich war,
fällt zu Asche.
 
Doch Villon sagt:
von woanders kommt die Kraft,
wenn der Wind den Schnee zusammenjagt,
brauen wir uns einen heissen Saft.
Mit dem schönsten Suff im Bauch
fängt die Welt noch einmal an,
und die Weiber sagen auch:
lieber zwei, als keinen Mann.
 
Wichtig ist nur, dass man nicht
früher sich verliebt,
bis der Mond sein Kussgesicht
durch das Fenster schiebt.
 
In des Fleisches weisser Glut
wohnt man wie gewiegt,
jeder Mensch ist gut,
wenn ihn warm ein Fell umschmiegt.
 
Alle sollt ihr so verspielt noch sein
wie ein Katzenpaar;
auch Villon,
hängt sich das Geziefer in sein Haar.
 
Was kümmert mich, dass der Schnee noch
auf den Feldern schwimmt,
ich singe zur Harmonika,
und mein Mädchen meint: es stimmt,
 
was ich dann und wann
ihr geflüstert habe vor dem Schlaf
und sogar als müder alter Mann
noch ins Schwarze traf.
 
Und bedenkt, dass keiner mehr viel Zeit
zu verlieren hat;
manchem blieb vom Sommerkleid
kaum das Feigenblatt,
tanzt, solang der Atem reicht,
um das goldne Kalb herum;
später wenn's von selber in den Schoss euch fällt,
seid ihr für die Liebe viel zu krumm.
 
Wenn man singt, sagt Orpheus schon,
werden selbst die Steine weich
und erlösen den verlorenen Sohn
aus dem Tierbereich.
 
Auch Villon hat oft mit Blättern nur
seinen Bauch gefüllt,
doch er denkt an diese Tour
kaum zurück noch, wenn der Tag anschwillt.
 
Viele Höllen musste er
noch erleben, eh die Freiheit kam.
Und sie lief nicht mehr so nebenher,
als er sie in seine Arme nahm.
 
Mit den Jahren freilich wird das Blut
auch bei ihm so nass und kalt.
Und dann hängt er einfach seinen Hut
an den nächsten Ast im Wald.