Text "Die Galgenballade, die Villon seinen Freunden zum Abschied gedichtet hat" (François Villon; Nachdichtung von Paul Zech): Unterschied zwischen den Versionen

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Klaus Kinski rezitierte die Ballade als Teil seiner Rezitation [http://www.geocities.com/Hollywood/Club/4297/texte/gehenkt.html Gehenkt].
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* <b>Autor:</b> [[François Villon]] ; Nachdichtung von [[Paul Zech]]
  
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Klaus Kinski rezitierte die Ballade als Teil seiner Rezitation [[Rezitation "Gehenkt" (François Villon)|"Gehenkt"]].
  
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: und von dem milden Mondlicht eingesungen,
 
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: Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
 
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: ihr Brüder, denkt an unsre eigenen Missetaten,
 
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: da hat man grad die Schelme abgeschnitten
 
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[[Category:François Villon - Texte]] [[Category:Paul Zech - Texte]]

Version vom 4. November 2006, 00:13 Uhr

Klaus Kinski rezitierte die Ballade als Teil seiner Rezitation "Gehenkt".

Text

Ach, Brüder, lasst uns hier nur ruhig schweben
am langen Strick. Wir haben von diesem Hundeleben
den Hals bis oben längst schon voll gehabt.
Wir haben nie, wie ihr, in einem weissen Bett gelegen,
wir lagen Nacht für Nacht im schwarzen Regen,
vom Wind zerfressen und vom Wurm zerschabt.
Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
ist auch der Teufel nicht mehr weit.
 
Da strecken wir so durstig schon die grossen Zungen
und von dem milden Mondlicht eingesungen,
schwimmt eine weisse Wolke um den Wald.
So viele Sommerjahre haben wir den Magen
mit Erde nur und Laub uns vollgeschlagen,
da wurde auch die Liebe kalt und alt.
Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
ist auch der Teufel nicht mehr weit.
 
Aus unseren abgewürgten Hälsen manchmal pfeifen
die bösen Träume noch und wollen nicht begreifen,
dass auch die runde Welt ein Ende hat.
Es grünen Disteln schon und Nesseln in den Eingeweiden,
die mögen wohl den Wurm gut leiden,
weil er so weiss ist und so glatt.
Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
ist auch der Teufel nicht mehr weit.
Weshalb soll uns am Ende gar der Teufel holen?
Wir haben keinem Armen was vom Geld gestohlen,
und auch dem König macht es keinen Spass,
der bleibt viel lieber bei den Schnäpsen und Lampreten,
lässt in den Kirchen für sein Wohlergehen beten
und legt sich zu dem weissen Reh im Abendgras.
Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
ist auch der Teufel nicht mehr weit.
 
Nun wir mit unserm Fett schon in der Sonne braten,
ihr Brüder, denkt an unsre eigenen Missetaten,
die wird man nicht so leicht mit Bibelsprüchen los.
Es fällt sehr bald ein Schnee auf eure Haare,
dann liegt ihr auch auf einer schwarzen Bahre
so klein und hässlich wie im Mutterschoss.
Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit,
ist auch der Teufel nicht mehr weit.
 
Notwendige Nachschrift:
 
Und als um Mitternacht kam angeritten,
der schwarze Teufel aus dem Höllenreich,
da hat man grad die Schelme abgeschnitten
und warf sie schnell den Fischen hin im Teich.