1995.11.27 Stuttgarter Zeitung "Im Fleischwolf der Wörter": Unterschied zwischen den Versionen

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November 1995. Die Beerdigung des Dialektrock schreitet zügig voran. Nichts Neues aus Wien und Köln. Doch dann kommen zwei Schweizer in die Schorndorfer Manufaktur und geben dem Genre jene schon fast sensationelle Subversivität zurück, die einst Wolfgang Ambros' Erstling <i>Da Hofa</i> ausgezeichnet hat.
[[category:Stiller Has - Bibliographie]]
 
  
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Wiederbelebung durch Reduzierung, so heisst das Erfolgsrezept des Duos Stiller Has. [[Balts Nill]] bearbeitet Schlagzeug und Gitarre, meist gleichzeitig und schnörkellos gut, während [[Endo Anaconda]] abwechselnd den Dichterfürsten und den Rock'n'Roller gibt. Zweisprachig - in Kärntnerisch mit Wiener Einschlag und in Schwyzerdütsch - röhrt er seine vor alpenländischer Kulisse handelnden Dramen ins Mikro. Doch was da als behagliche Sonntagnachmittagswanderung beginnt, endet oft im freien Fall in die Gletscherspalte. Es bröckelt am Berg, und Stiller Has üben sich virtuos in der Kunst der schonungslosen Enthüllung. "Hab' Narb' im Schart", so lautet ihre Zustandsbeschreibung nicht nur des Stillen Hasen.
  
<font color=red>Zwischen Kabarett und Pop: Stiller Has in Schorndorf</font>
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Ob in eingängigen, immer aufs Wesentliche reduzierten Rocknummern oder in Anacondas skurrilen Soli am Fleischwolf der Wörter - stets sind es die unerwarteten, mitunter brutalen Wendungen des Duos, die jeden geschickt inszenierten Anflug von heiterkeit im Keim ersticken: "Der Lehrer ist tot, seine nimmermüde Hand hat aufgehört zu schlagen", so heisst's da etwa, und gleich drauf ist von "ketchupsüchtigen Kindern" die Rede. Vom deutschen Kleinkunstpreis, den Stiller Has im Februar überreicht bekommen, ist die "Vorgruppe" des Abends, das "Blockflötenensemble Stuttgart", zwar meilenweit entfernt. Trotzdem: ihre beherzt geflötete Entdeckungsreise ins Land der Popklassiker ist wunderbar schräg zwischen Dada und Dilettantismus angesiedelt, ein starker Abend.
  
November 1995. Die Beerdigung des Dialektrock schreitet zügig voran. Nichts Neues aus Wien und Köln. Doch dann kommen zwei Schweizer in die Schorndorfer Manufaktur und geben dem Genre jene schon fast sensationelle Subversivität zurück, die einst Wolfgang Ambros' Erstling <i>DA HOFA</i> ausgezeichnet hat.
 
  
Wiederbelebung durch Reduzierung, so heisst das Erfolgsrezept des Duos Stiller Has. Balts Nill bearbeitet Schlagzeug und Gitarre, meist gleichzeitig und schnörkellos gut, während Endo Anaconda abwechselnd den Dichterfürsten und den Rock'n'Roller gibt. Zweisprachig - in Kärntnerisch mit Wiener Einschlag und in Schwyzerdütsch - röhrt er seine vor alpenländischer Kulisse handelnden Dramen ins Mikro. Doch was da als behagliche Sonntagnachmittagswanderung beginnt, endet oft im freien Fall in die Gletscherspalte. Es bröckelt am Berg, und Stiller Has üben sich virtuos in der Kunst der schonungslosen Enthüllung. "Hab' Narb' im Schart", so lautet ihre Zustandsbeschreibung nicht nur des Stillen Hasen.
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[[category:Stiller Has - Bibliographie]]
Ob in eingängigen, immer aufs Wesentliche reduzierten Rocknummern oder in Anacondas skurrilen Soli am Fleischwolf der Wörter - stets sind es die unerwarteten, mitunter brutalen Wendungen des Duos, die jeden geschickt inszenierten Anflug von heiterkeit im Keim ersticken: "Der Lehrer ist tot, seine nimmermüde Hand hat aufgehört zu schlagen", so heisst's da etwa, und gleich drauf ist von "ketchupsüchtigen Kindern" die Rede. Vom deutschen Kleinkunstpreis, den Stiller Has im Februar überreicht bekommen, ist die "Vorgruppe" des Abends, das "Blockflötenensemble Stuttgart", zwar meilenweit entfernt. Trotzdem: ihre beherzt geflötete Entdeckungsreise ins Land der Popklassiker ist wunderbar schräg zwischen Dada und Dilettantismus angesiedelt, ein starker Abend.
 

Aktuelle Version vom 2. September 2007, 15:21 Uhr

Autor wer
Veröffentlichung 1995.11.27 country de.gif Stuttgarter Zeitung

Im Fleischwolf der Wörter

Zwischen Kabarett und Pop: Stiller Has in Schorndorf

November 1995. Die Beerdigung des Dialektrock schreitet zügig voran. Nichts Neues aus Wien und Köln. Doch dann kommen zwei Schweizer in die Schorndorfer Manufaktur und geben dem Genre jene schon fast sensationelle Subversivität zurück, die einst Wolfgang Ambros' Erstling Da Hofa ausgezeichnet hat.

Wiederbelebung durch Reduzierung, so heisst das Erfolgsrezept des Duos Stiller Has. Balts Nill bearbeitet Schlagzeug und Gitarre, meist gleichzeitig und schnörkellos gut, während Endo Anaconda abwechselnd den Dichterfürsten und den Rock'n'Roller gibt. Zweisprachig - in Kärntnerisch mit Wiener Einschlag und in Schwyzerdütsch - röhrt er seine vor alpenländischer Kulisse handelnden Dramen ins Mikro. Doch was da als behagliche Sonntagnachmittagswanderung beginnt, endet oft im freien Fall in die Gletscherspalte. Es bröckelt am Berg, und Stiller Has üben sich virtuos in der Kunst der schonungslosen Enthüllung. "Hab' Narb' im Schart", so lautet ihre Zustandsbeschreibung nicht nur des Stillen Hasen.

Ob in eingängigen, immer aufs Wesentliche reduzierten Rocknummern oder in Anacondas skurrilen Soli am Fleischwolf der Wörter - stets sind es die unerwarteten, mitunter brutalen Wendungen des Duos, die jeden geschickt inszenierten Anflug von heiterkeit im Keim ersticken: "Der Lehrer ist tot, seine nimmermüde Hand hat aufgehört zu schlagen", so heisst's da etwa, und gleich drauf ist von "ketchupsüchtigen Kindern" die Rede. Vom deutschen Kleinkunstpreis, den Stiller Has im Februar überreicht bekommen, ist die "Vorgruppe" des Abends, das "Blockflötenensemble Stuttgart", zwar meilenweit entfernt. Trotzdem: ihre beherzt geflötete Entdeckungsreise ins Land der Popklassiker ist wunderbar schräg zwischen Dada und Dilettantismus angesiedelt, ein starker Abend.