1971.11.01 Der Spiegel Nr. 43 "ohne Titel"

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Szene / Schauspieler

Was er, nach früher wie jüngster Selbsterkenntnis, "nicht erst seit gestern, sondern ... eigentlich mein ganzes Leben" lang mit sich herumgetragen hat, das will der faunische Klaus Kinski, 45, in letzter Zeit mehr als brüllender Umnachteter und Bösewicht im Film bekannt, jetzt auf einer Welttournee deklamieren: das Neue Testament. Er ist, man erinnert sich, für diesen Part aufs trefflichste präpariert: 1953 hatte er als gurrender und stöhnender Rezitator von François Villons "Grossem Testament" erste Hundertschaften von Kinski-Jüngern werben können. In seinem Haus in Rom, das vor Zeiten einmal Klosterkirche war, hat sich der Exzentriker dann noch mehr ins Metaphysische eingestimmt. Ein Vergleich des eigenen mit Christi Leben vermittelte ihm denn auch die Einsicht: "Da gibt es viele Parallelen." Und was daran noch fehlte, stellte er durch Umdichtung der Bibel selber her. Zu gern hätte der Rezitator seinen Ritt auf der neuen Jesus-Welle durch "völlig neu komponierte" Ritualklänge untermalen lassen. "Total verwirrt" hat indes die dafür engagierte Nürnberger Rock-Musik-Gruppe "Tränengas" nach einer Probenwoche mit Kinski resigniert.



Autor: unbekannt

Dem Artikel war eine kleine Abbildung Klaus Kinskis mit weissem Hut beigegeben.