Klaus Kinski rezitierte diese Ballade unter dem Titel "Ich bin Franzos, was mir verdammt nicht passt".
Text
- Ich, François Villon, ein Dichter und Vagant,
- Franzose und verbannt aus seinem Vaterland,
- mich kitzelt der geruch der grossen Stadt,
- ich brauche Raum und habe nicht einmal
- für meinen Kopf ein Futteral.
- Ich hab den Hetzhund endlich satt,
- der mich durch die verfaulten Wälder treibt.
- Ich bin ein ganzes Jahr schon unbeweibt.
-
- Du aber weißt, wie reissend mich das Blut bewegt,
- wie mein Gehirn durch alle Himmel fegt,
- ich hab dir mehr als einen Reim geschenkt,
- da war noch Würze drin und Salz.
- Jetzt klebt ein Schandfleck rot an meinem Hals,
- und wer mich fängt und henkt,
- streicht hundert Golddukaten ein;
- soll das mein Leben lang dein Wille sein?
-
- Sieh her, ich trage auf der grauen Haut
- nur diesen Rock, der ist geklaut
- und stinkt nach Muff und Mottenfrass.
- Sieh her, am Knie ein Loch, so gross
- wie eine Faust... Wer bin ich bloss,
- dass ich zu Mist und Aas
- verdammt bin, ich, Villon, ein rauher Knecht,
- der auch zu dichten sich erfrecht.
|
- ... mein Bruder hör: Wozu bist du so stolz
- auf einen Thron gesetzt, wenn du wie Holz
- dich anfühlst und nicht schreist:
- "Schafft den Villon mir her, zieht ihm ein Kleid
- von Seide an. Ist höchste Zeit,
- dass dieser Kavalier mit mir zu Abend speist!"
- Mein Bruder, hör: Ich habe Wind im Darm
- und bin wie eine Laus, so arm.
-
- Untertänigste Nachschrift:
-
- Auch so ein König neigt zuweilen sich
- zu seinem Untertan herab und denkt wie ich;
- dass alle Menschen gross und klein,
- am Ende sollen Brüder sein.
|