1982 Film "Fitzcarraldo"
Produktion | Werner Herzog und Lucki Stipetic für DE:Werner Herzog Filmproduktion (München) / DE: Pro-ject-Filmproduktion im Filmverlag der Autoren (München) / DE: Zweites Deutsches Fernsehen |
Drehbuch | Werner Herzog |
Regie | Werner Herzog |
Kamera | Thomas Mauch. - Assistenz: Beat Presser. - Standfotos: Beat Presser. - [Farbe 35 mm] |
Darsteller | Klaus Kinski (Brian Sweeney "Fitz" Fitzgerald genannt "Fitzcarraldo"), Claudia Cardinale (Molly), José Lewgoy (Don Aquilino), Miguel Angel Fuentes (Cholo, der Mechaniker), Paul Hittscher (Kapitän Orinoco-Paul), Huerequeque Enrique Bohorquez (Huerequeque, der Koch), Grande Othelo (Stationsvorsteher), Peter Berling (Operndirektor), David Perez Espinosa (Häuptling der Champa-Indianer), Milton Nascimento (Schwarzer in der Oper), Rui Pocanah (Gummibaron), Salvador Godinez (alter Missionar), Dieter Milz (junger Missionar), Bill Rose (Notar), Leoncio Bueno (Gefängniswärter), Ceriano Luchetti (Opernsolistin), Costante Moret (Opernsolistin), Dimiter Petkov (Opernsolist), Jean-Claude Dreyfus (Opernsolist), Mietta Sighele (Opernsolistin), Lourdes Magalhaes (Opernsolistin), Isabel Jimines de Cisneros (Opernsolistin), Liborio Simonella (Opernsolist), Jesus Goiri (Opernsolist), Christian Mantilla (Opernsolist), Miguel Camaiteri Fernandez, Nicolas Camaiteri Fernandez, Pascal Camaiteri Fernandez, David Perez Espinosa |
Sprache | Deutsch |
Schnitt | Beate Mainka-Jellinghaus |
Künstlerische Leitung | Henning von Gierke, Ulrich Bergfelder |
Kostüme | Gisela Storch |
SFX | Miguel Vazquez |
Musik: Popol Vuh, Richard Strauss, verschiedene Opernarien | |
Drehort | Iquitos (Peru) |
Drehzeit | ab Januar 1981 |
Über die Dreharbeiten wurde der Film Burden of dreams (1982) gedreht. Ursprünglich sollten auch Jason Robards, Mick Jagger und Mario Adorf in dem Film mitspielen.
Im Film Fitzcarraldo wird die wahre Geschichte des irischen Gummiplantagenbesitzers Brian Sweeney Fitzgerald erzählt, dessen Enthusiasmus für Caruso ihn dazu brachte, ihm ein Opernhaus im Dschungel bauen zu wollen. Um einen Wasserweg zu eröffnen, der das Geld für die Finanzierung des Plans bringen konnte, nahm er ein Schiff auseinander, transportierte es über einen Hügel und setzte es auf der anderen Seite wieder zusammen. Der Regisseur Werner Herzog allerdings wollte das ganze Schiff über den Berg ziehen! Nicht nur dass sein Schiff viel grösser sein sollte, auch die Steigung des Hügels sollte es sein. Nach Beendigung von Kaspar Hauser (1974) sprach er oft über das Projekt. Sicherlich war der Film schon eine typische Herzog-Geschichte, bevor überhaupt die Produktion in Angriff genommen wurde. Die Idee, ein komplettes Flussschiff über einen Dschungelberg zu ziehen, entsprach ganz den absurden und exzessiven Heldentaten, die mit Herzogs öffentlicher Person assoziiert wurden. Die filmische Realisation dieser Abenteuergeschichte gewinnt Reiz und Spannung besonders auch aus der gewaltigen Kulisse und dem Widerstand der exotischen Urlandschaft Amazoniens.
Fitzcarraldo liess im weiteren erwarten, dass dies eine Rückkehr zum thematischen Terrain und zu den exotischen Orten früherer Herzogfilme wäre, wie Lebenszeichen und Aguirre (Der Zorn Gottes) - nach den "Heimatfilmen" Kaspar Hauser, Nosferatu (Fantôme de la nuit) und Woyzeck. So war der Film schon in zwei verschiedenen, wenn auch komplementären Diskursen situiert - dem der schillernden Persönlichkeit Herzogs und dem seiner Arbeit. Fitzcarraldo passte in ein Muster von Kontinuität und Alternation, die das Oeuvre Herzogs schon zu einerm kohärenten Projekt gemacht hatten.
Die tatsächliche Verfilmung wurde von einem ungewöhnlichen Aufwand an Vorwerbung begleitet, auch wenn das bei Herzogs üblicher Selbstdarstellung zu erwarten war. Zwei Filme wurden über die Dreharbeiten zu Fitzcarraldo gemacht. Die Produktionsumstände versorgten die Presse mit einer Menge Stoff. Es gab Showbusiness-Tratsch über Schwierigkeiten mit den Hauptdarstellern. Jack Nicholson wurde durch Jason Robards und dieser unvermeidlich durch Klaus Kinski ersetzt, worauf Mick Jaggers Part aus dem Skript gestrichen wurde. Mario Adorf stieg während der Dreharbeiten aus. So kristallisierte sich der Film um Herzogs offensichtlich privilegierte Beziehung mit seinem Lieblingsschauspieler Kinski, den er in Aguirre (Der Zorn Gottes), Nosferatu (Fantôme de la nuit) und Woyzeck schon als die Herzog-Persona par excellence genutzt hatte. Bei Drehbeginn wurde durch Herzogs Verstrickung in die Stammes- und sogar in die Nationalpolitik von Peru noch mehr Aufsehen hervorgerufen. Das kulminierte, wie es zuweilen schien, in einem kleinen Bürgerkrieg, und es berührte Fragen wie Ausbeutung der Dritten Welt, Situation der Amazonasindianer und die europäische, exotisch gefärbte Haltung gegenüber den Genozid- und Unterentwicklungsproblemen in Lateinamerika. Herzog soll während der Dreharbeiten gesagt haben: "Falls ich diesen Film fallenlassen sollte, wäre ich ein Mann ohne Träume... Ich lebe mein Leben oder beende mein Leben mit diesem Projekt." Auch Klaus Kinski erinnert sich an den Film:
Die fünf Monate im Dschungel von Peru sind ganz ähnlich den Monaten als wir vor zehn Jahren <a href=aguirre.html>Aguirre</a> drehten. Wieder sind es Herzogs totale Ahnungslosigkeit, Beschränktheit, Unfähigkeit, Arroganz und Rücksichtslosigkeit, die immer wieder unser Leben auf's Spiel setzen, den endgültigen Zusammenbruch der Dreharbeiten und den Ruin der Finanzierung androhen. Wieder ernährt er die Truppe mit ungeniessbraem Frass, den er mit Schweinefett-Öl kochen lässt. Wieder mangelt es am Nötigsten, um die Beteiligten bei Kräften zu halten und vor gefährlichen Erkrankungen und Seuchen zu bewahren. Wieder mangelt es an Früchten, Gemüse und vor allem an Trinkwasser. Ich bin der einzige, der eine tägliche Mineralwasser-, Papaya- und Zitronen-Ration im Vertrag hat.
Und ich bin der einzige, der diesen Schweinefrass wenn irgend möglich nicht frisst - und mir, so oft ich Gelegenheit habe, im Fluss gefangene Fische, geschossene Wildhühner oder eine Wildente auf einem Holzfeuer röste. Sobald Herzog den Braten riecht, klebt er wie eine Schmeissfliege an mir und will mir alles wegfressen. So viel ich ihn auch beschimpfe und beleidige und sogar bedrohe - sobald er etwas von mir will, ist er wieder da, wie Malaria, wie der Gestank, der unaufhaltsam von einem Haufen Scheisse ausgeht. Die Einzelheiten aller Schindereien und Schikanen im Dschungel - Herzogs Hirnverbranntheit, Frechheit, Dreistigkeit, Brutalität, Stumpfsinn, Grössenwahn und Talentlosigkeit - und deren Folgen aufzuzählen und zu beschreiben wäre ein einziges Kotzmittel und unverzeihliche Zeit- und Energieverschwendung. Er ist derselbe faulende Abfallhaufen wie vor zehn Jahren - nur noch blödsinniger, noch kopfloser, noch paralytischer, noch mörderischer. Er schleppt Tag und Nacht ein Notizbuch in einem Lederetui am Gürtel mit sich herum, in das er seine grossmäuligen Lügenberichte über die Dreharbeiten einträgt. Dazu hat er sich einen sogenannten Dokumentarfilmer engagiert, Less [!] Blank, der an nichts anderes denkt als an fressen - und der einen Dokumentarfilm über Herzog drehen soll. Dieser Fresssack ist so faul, dass er alles verpennt. Ist er einmal, aus Zufall, zur rechten Zeit am Ort, dann nödelt er so lange herum, bis er seine Kamera endlich auf dem Stativ befestigt hat, dass inzwischen alles vorbei ist. Aus der Hand dreht er nicht. Sicher verwackelt er alles, der Hauptgrund ist jedoch zweifellos die Kamera selbst, die ihm zu schwer und unbequem ist. Wieder sind Herzog und sein Kameramann wochenlang ungewaschen. Wieder starrt ihre Kleidung vor Dreck. Nicht Erde, nicht Schlamm oder Lehm. Nein, Dreck! Dreck von ihnen selbst: Schweiss und Ausdünstung bilden eine schmierige Masse, die selbst unter freiem Himmel wie Stinkbomben stinkt. Selbst das dünne Leder über dem Gummiband des Kamerasuchers, das normalerweise aus hygienischen Gründen täglich gewechselt werden muss, wird wochen-, ja monatelang nicht erneuert, ist mit einer Art schwarzgrauem Schleim überzogen und stinkt so unerträglich, dass ich mich nicht mehr in die Nähe der Kamera begebe. Dazu kommt eine geradezu ekelerregende Fresssucht und Faulheit, diese Brut pennt noch um 8 oder 9 Uhr morgens - während der Tag im Dschungel um 3 Uhr morgens anbricht und das wundersamste, magischste Licht die Schöpfung in ihrer geheimnisvollen Kraft und Reinheit offenbart. Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 414-416
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Als der Film schliesslich herauskam (Uraufführung am 4. März 1982 am Festival International du Film in Cannes), schien vieles von dieser Werbung den gegenteiligen Effekt zu haben und es schwer zu machen, den Film unabhängig von den Zusatzeffekten zu sehen. Einige Kritiker dachten, einer der am Drehort gemachten Filme, Burden of dreams (1982) von Les Blank, wäre das interessantere Produkt geworden, während die spektakulären Szenen des Hauptfilms schon von der Vorwerbung vorweggenommen worden waren. In Deutschland war Fitzcarraldo Gegenstand grosser Auseinandersetzungen. Herzog selbst scheint ihn als einen in den Dschungel versetzten Heimatfilm aufgefasst zu haben - also als Bayernfilm mit einem dem verrückten Ludwig II. nicht unähnlichen Protagonisten. Sicher kann Fitzcarraldo als Antiheld aufgefasst werden, der sich, vom Wunsch nach sozialem Fortschritt frustriert, der Musik und Kunst zuwendet, in einem seinem sozialen Stand und beruflichen Scheitern umgekehrt symmetrischen Mass.
Einige deutsche Linke dagegen sahen in einem Film wie Fitzcarraldo und den dazu erschienenen Kritiken nicht weniger als ein sicheres Zeichen für den Sieg der Konterrevolution, eine ästhetische und ideologische Verteidigung des Irrationalismus, die die antiautoritäre Arbeit einer ganzen Generation vorsätzlich verraten hätte: "Denn halten wir fest: Der Mythos von Fitzcarraldo gründet auf dem Totalitarismus individueller Selbstverwirklichung, dem die Heroisierung der Opfer im Namen eines Absolutums notwendig korrespondiert. Von der Kunst als Aufopferung für ein Absolutum bis zu einer Politik der Aufopferung für ein Absolutum ist zwar noch ein weiter Weg. Aber wie rasch er, besonders in wirtschaftlichen und politischen Krisenzeiten, zurückgelegt werden kann, wissen wir aus der jüngsten deutschen Geschichte." (Michael Schneider: Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, 1984)
Inhalt
Der irische Träumer Brian Sweeney Fitzgerald (Klaus Kinski), von den Eingeborenen "Fitzcarraldo" genannt, und seine "Freundin" sind zwei Tage gerudert, um den grossen Enrico Caruso auftreten zu sehen. Rückblende: Nachdem sein Plan gescheitert ist, eine Eisenbahn quer durch Südamerika zu bauen, ist Fitzcarraldo nun von der Idee besessen, eine grosse Oper in das noch unberührte Gebiet des Amazonas zu bringen, um darin sein Idol Caruso singen zu hören. Da er kein Geld hat, versucht er sich bei den Kautschukbaronen Geld zu beschaffen, aber die gen ihm nichts. Er entdeckt daraufhin einen versteckten Wald von Gummibäumen, der allerdings wegen reissender Stromschnellen auf dem Flussweg nicht erreichbar ist. Der einzige Weg, dorthin zu gelangen ist über den Fluss auf der anderen Seite einer kleinen Hügelkette. Fitzcarraldo hat eine zündende Idee: er wird Eingeborene anstellen um sein 320-Tonnen-Dampfschiff über die eigentlich unpassierbare 40-Grad-Steigung hinwegzuziehen, um auf der anderen Seite zu den Gummibäumen zu gelangen.
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Plakat
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Brian Sweeney Fitzgerald, genannt "Fitzcarraldo" (Klaus Kinski)
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Fitzcarraldo ist grösser als das Schiff!
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Beinahe über'n Berg
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Molly (Claudia Cardinale) und Fitzcarraldo (Klaus Kinski)
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Molly (Claudia Cardinale) und Fitzcarraldo (Klaus Kinski)
Literatur
- Burden of dreams / Herausgeber: Les Blank, James Bogan. - Berkeley : North Atlantic Books, 1984. - 288 S. - Über die Dreharbeiten zu Fitzcarraldo
Kritik
- Pauline Kael. In: Taking it all in
- Fitzcarraldo critic (Dynamo Russ Archives) - in Englisch
- Fitzcarraldo (Cineteca del Comune di Bologna) - in Italienisch
- Fitzcarraldo (Cinemateket Trondheim) - in Norwegisch
- Rune Sandnes: Fitzcarraldo og Burden of dreams (Semesteroppgave FILM 201 Våren 1995) - in Schwedisch
- This Werner Herzog film is a richly layered allegory of modernization. At one level it is a parodic story of industrial redemption and of salvation for the modern world. Klaus Kinski is the Christ figure. Claudia Cardinale is Blessed Molly Never Virgin. Opera and specifically the voice of Enrique Caruso is the new covenant preached along the river highways and byways of the Amazon. The obscenely wealthy landowners are the Pharisees who spurn Fitz's idiotic plan to exploit rubber in the interior, and then ultimately to build an opera house there, but they give him just enough rope to hang himself with his wild scheme. The redemption itself consists of climbing over an Amazonian Mt. Calvary in a boat. Symbolic death comes at the hands of the Amerindians who cut the boat free allowing it to floating to near destruction on the rapids, thereby destroying Fitz's plan, while satisfying their own myth-driven needs. Miraculously Fitz shakes off the death of his dream, rents an opera production, sets it up on his boat, and sails back to Molly in regal splendor, puffing in a consummately self-satisfied manner on the world's most wonderful cigar. The salvation drama aside, one cannot miss the collision of big industrial Western dreams driven by big industrial Western art as it runs squarely up against other worlds. The fact that the industrial dreamers and artists emerge smelling like roses should cause us to reflect on our current social condition. [Quelle unbekannt]