Text "Warum stöhnt Kugellager so laut?" (Linus Reichlin)

Aus Ugugu
Version vom 15. September 2006, 16:52 Uhr von Michi (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ich schaute mir im Kino einen brasilianischen Film an, er hiess Heisse Nächte auf der Plantage. Es ging darin um die Tochter eines Tabakfarmers, die sich unsterblich in die fünfzig Arbeiter ihres Vaters verliebt hatte. Nach Sonnenuntergang versammelten sich die fünfzig Arbeiter unter dem Schlafzimmerfenster von Rolema, so hiess die Tochter, und riefen: "Rolema, Nymphchen, lass uns in dein Bett, wir habens verdient!"

In der Reihe vor mir sass ein älterer Herr, der sich den Film konzentriert anschaute und dabei stöhnte, vermutlich aus Mitleid mit Rolema, die unter der Last der Arbeiterschaft zusammenbrach. Ich tippte dem Herrn auf die Schulter und flüsterte: "Wussten Sie, dass Rolema auf Deutsch Kugellager heisst?" "Hau ab!", zischte der Herr, aber ich bin es gewohnt, dass die Leute allergisch auf mich reagieren. "In Brasilien", fuhr ich fort, "dürfen die Eltern einem Kind nämlich die verrücktesten Vornamen geben." "Arschloch!", rief der Herr und setzte sich an einen anderen Platz. "Ganz richtig, auch Arschloch", sagte ich, die brasilianischen Namensämter verlangen nur, dass es sich bei dem Namen um ein bekanntes Wort handelt. "Hol dir endlich einen runter!", brüllte mir jemand in den Nacken. Offenbar schien es in diesem Kino niemanden zu interessieren, dass der Polizeichef der Grossstadt Goiania Hitler-Mussolini Pacheco heisst.

Also wandte ich mich wieder dem Film zu, in dem die schöne Kugellager ihren Vater gerade bat, Jesusbart, den vitalsten der fünfzig Arbeiter, heiraten zu dürfen. "Aber Barba de Jesus ist doch schon mit Xerox-Copia verheiratet!", empörte sich der Vater, worauf Kugellager die Augen gefährlich zusammenkniff. "Nicht mehr lange", flüsterte sie. In der Nacht traf sie sich hinter der Tabak-Häckselmaschine mit dem Hausdiener José Casou de Calcas Curtas. Während er mit ihr die so genannte italienische Leuchte machte, keine Stellung übrigens für Leute mit Bandscheibenproblemen, steckte Kugellager ihm einen Voodoo-Pfeil ins Schulterblatt.

An diesem Punkt begann der Film mich intellektuell zu überfordern. "Warum hat sie ihm denn jetzt", fragte ich den Zuschauer hinter mir, "diesen Pfeil reingesteckt?" "Weiss nicht", keuchte der Mann, "und ist mir gerade auch saumässig egal."

Jose Casou de Calcas Curtas praktizierte nun mit Xerox-Copia, der von Kugellager gehassten Ehefrau von Barba de Jesus, die Variante a tergo. Als der offenbar verhexte Calcas Curtas ein unter den Laken verstecktes Messer hervorzog, schickte ich ein SMS an meine einstige Freundin Laura: "Warum stöhnen Frauen beim Sex eigentlich lauter als Männer?" Xerox-Copia war noch keine fünf Minuten tot, da SMSte Laura zurück: "Weil sie dafür bezahlt werden."

Diese Antwort befriedigte mich nicht. Nachdenklich verliess ich das Kino und bestellte an einem Kebabstand einen Döner ohne. "0hne was?", fragte der Standwirt, "0hne was Sie wollen", sagte ich, wichtiger ist doch die Frage, warum Frauen beim Sex lauter stöhnen als Männer, was meinen Sie?" Der Standwirt schielte beim Nachdenken ein bisschen, dann sagte er: "Die Weiber haben ihre Gefühle nicht im Griff, das ist meine Meinung. Also ohne Zwiebeln oder was?"

Wer eine plausiblere Erklärung hat, maile diese bitte an lreichlin@active.ch



Aus: 2002.08.22 Facts Nr. 34 - Kolumne "L. R. Confidential"