Schallplattenherstellung

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Als Schallplattenherstellung (engl. disc manufacture) wird der grundsätzliche Herstellungsprozess einer Schallplatte bezeichnet, der sich seit den Anfängen nicht wesentlich geändert hat. Im folgenden werden die Herstellungsverfahren Ende der 1980er Jahre beschrieben. Der eigentlichen Schallplattenherstellung geht die Aufnahme auf einem Originaltonträger voraus.

Die Herstellung der Black Disc

Am Anfang steht der Schnitt. Sofern kein Direktschnitt angewendet wird, muss als erster Schritt eine Überspielung stattfinden. Beim Schneidevorgang wird die Aufnahme als analoges Klanggeschehen auf eine Lackfolie bzw. beim Direct Metal Mastering auf eine Kupfermatrize überspielt. Bei diesem Vorgang schneidet der Schneidstichel der elektromagnetischen Schneiddose die Schallwellen in den unbespielten Tonträger ein, der sich auf der Schneidapparatur entweder mit originaler oder mit halber Umdrehungsgeschwindigkeit dreht (siehe Half-Speed-Platte). Zur besseren Ausnutzung der Schallplatte wird mit variablem Rillenvorschub geschnitten.

Bei einer Stereoaufnahme setzen sich die Schwingungen aus zwei aufeinander senkrecht stehenden Komponenten zusammen (siehe Flankenschrift).

Galvanik: Die Lackfolie stellt das Original dar. In einem galvanischen Prozess wird zunächst von der Lackfolie ein metallisches Abbild hergestellt. Dazu muss die Folienoberfläche elektrisch leitend gemacht werden; sie wird deshalb mit einer dünnen Silberschicht versehen. Die versilberte Folie wird als Kathode in ein galvanoplastisches Nickelbad getaucht. Als Anode dient Nickel. Lässt man Strom durch die Lösung fliessen, so schägt sich das metallische Nickel auf der versilberten Folienoberfläche nieder. Nach Erreichen der gewünschten Schichtdicke nimmt man die Folie mit der aufgewachsenen Nickelschicht heraus und trennt beides voneinander.

Das so erhaltene erste Galvano, auch "Vater" genannt, ist ein Negativ: Anstelle der Rillen befinden sich die entsprechenden Dämme. Würde man dieses Galvano in eine Presse einspannen, so könnte man mit ihm bereits Schallplatten herstellen. Man tut dies nicht, weil der aurwendige Überspielvorgang wiederholt werden müsste, um ein neues Galvano herzustellen. In der Praxis wird deshalb zunächst auf dem gleichen galvanischen Wege vom "Vater" ein zweites Galvano, die sogenannte "Mutter" gezogen. Diese ist ein Positiv; sie weist Schallrillen auf und kann demnach zur Kontrolle auch abgespielt werden. In einem weiteren galvanischen Prozess entsteht dann das dritte Galvano, auch "Sohn" genannt, das die eigentliche Pressmatrize ist. Fallen jetzt Pressmatrizen aus, so lassen sich weitere "Söhne" von der "Mutter" und weitere "Mütter" vom "Vater" herstellen.

Beim Direct Metal Mastering wird der erste galvanische Schritt übersprungen, da mit der bespielten Kupfermatrize bereits die "Mutter" vorliegt.

Pressen von Schallplatten

Die heutigen Schallplatten bestehen im wesentlichen aus PVC/PVA-Copolymer, d. h. aus einem Mischpolymerisat aus Polyvinylchlorid und Polyvinylazetat. Dies ist ein weises Pulver, das durch Zusatz von Farbstoffen schwarz eingefärbt und zusammen mit weiteren Zusätzen (Stabilisatoren, Gleitmitteln u. a.) in Spezialmischeinrichtungen homogenisiert wird.

In der Presserei wird das Pulver in einem Compounder erwärmt und dosiert in Form eines "Klosses" zusammen mit den Etiketten manuell oder automatisch in eine geöffnete Form gegeben. Bei einem neueren Verfahren werden keine Papieretiketten mehr verwandt. Die Informationen (Schriftzeichen auf ein- oder mehrfarbigen Flächen) werden in einem späteren Arbeitsgang direkt auf die Schallplatten gedruckt (Direct Printed Label). In der Form befindet sich oben und unten je eine Matrize. Die Form selbst ist von Kanälen durchzogen, durch die von Ventilen gesteuert zunächst heisser Dampf und nach einer bestimmten Zeit Kühlwasser strömt. Sobald die Form geschlossen ist, wird das Material unter hohem Druck zu einer Schallplatte ausgepresst. Der ganze Zyklus läuft automatisch ab und dauert etwa 20 Sekunden. Die fertige Schallplatte enthält einen Quetschrand, der automatisch abgeschnitten wird. Danach erfolgt das Eintaschen in die Innenhülle. DPL-Platten werden in einen Transportbehälter abgelegt und nach dem Auskühlen in einer Spezialmaschine bedruckt und in die Innenhülle eingetascht.

Die akustische Prüfung der Schallplatten wird von elektronischen Geräten übernommen, die eventuelle Fehler auf einem Registrierstreifen erfassen. Aus zeitlichen Gründen ist die akustische Prüfung eine Stichprobenkontrolle. Daneben gibt es noch eine Sichtprüfung auf Schrammen, Kratzer, Beulen und Schmutzflecke, die ebenfalls als Stichprobenkontrolle erfolgt.

Herstellung der Schallplatten durch Spritzguss

Bei Spritzgussmaschinen zur Herstellung von 17-cm-Schallplatten handelt es sich um Maschinen mit Schneckenplastifiziereinrichtungen, die das Kunststoffmaterial in honigähnlicher Konsistenz in eine geschlossene Hohlform mit zwei Kammern einspritzen. Die Hohlform hat konstante Temperatur; sie wird im Gegensatz zur Presstechnik nicht aufgeheizt und abgekühlt. Es entsteht auch kein Quetschrand, und das Papieretikett entfällt. Statt dessen enthält die Form ein Klischee mit erhabenen Schriftzeichen. In einem späteren Arbeitsgang wird der Mittelteil der Platte eingefärbt, sodass die vertieften Schriftzeichen nunmehr schwarz sichtbar werden (Embossed Label). Da es sich um ein sehr kompliziertes Verfahren handelt, das neben intensiver Entwicklungsarbeiten erfahrene Fachkräfte verlangt, wird das Spritzgussverfahren nur von wenigen Firmen angewandt.

Literatur

  • H. Courtney Bryson: The gramophone record. - London: Ernest Benn, 1935
  • Jim Hughes: Vinyl disc processing. - In: John Borwick (Hrsg.): Sound recording practice. - Oxford, New York : Oxford University Press. - S. 412-25
  • Ingo Harden: Fast ein Wunder : der Werdegang einer Schallplatte. - In: Fono Forum (1967), H. 10, S. 628-631; H. 12, S. 778, 780-782
  • Roy Matthews: The making of a gramophone record. - In: BPI year book 1977. - S. 45-49
  • Eugen Nesper: Die Schallplatte, Eigenschaft, Herstellung, elektrische und akustische Wiedergabe. - Berlin : Radio-Verlag Walter Hillger, 1930
  • J. L. Ooms: Verfahren bei der Aufnahme und Herstellung von Schallplatten. - In: Philips' Technische Rundschau 17 (1955/56), Nr. 4. S. 113-121; * Joseph C. Ruda: Record manufacturing : making the sound for everyone. - In: Journal of the Audio Engineering Society 25 (1977), Nr. 10/11, S. 702-711
  • S. Schihutzki: Galvanotechnik in der Schallplattenindustrie. - In: Handbuch der Galvanotechnik : Band 2. - München : Carl Hanser Verlag, 1966. - S. 937-951


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