Text "Wegwerfgeschichten" (Franz Hohler)

Aus Ugugu
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Aus dem Programm Doppelgriffe (1970).




Das Bartfett
Ein Mann, der den Namen Oskar Vanderbeuren trug, machte einmal eine Erfindung. Es gelang ihm nämlich, aus verschiedenen Substanzen ein Bartfett herzustellen. Dieses fett bewirkte, dass ein Bart durch und durch fettig wurde, und zwar auf Jahre hinaus.
 Nach einem solchen Fett bestand aber überhaupt kein Bedürfnis, und so wandte sich Oskar Vanderbeuren wieder anderen Beschäftigungen zu.
 
Ektisch
Das Ektische gehört zu den toten Sprachen und scheint mir deshalb die interessanteste von allen zu sein, weil sie nur zwei Wörter hatte. Das erste hiess "M" und das zweite "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks". "M" ist weiblich und heisst "Was ist denn jetzt wieder los?", und "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks" ist männlich und heisst "Nichts".
 Das kam daher, dass die Ekter in einem erloschenen Vulkantrichter lebten, der tief im Innern immer noch rumorte. Jedesmal, wenn es rumpelte, schossen die Ekterinnen erschreckt auf und riefen: "M?", worauf die Männer mit beruhigender Stimme sagten: "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks". Das war das einzige, worüber die Ekter sprachen, alles andere erledigten sie in so grosser Eile, dass ihnen keine Zeit zum Sprechen blieb.
 Ein unruhiges Land muss das gewesen sein, dieses Ektien. Einmal kam es infolge von ungewöhnlichen Häufungen des Vulkangrollens sogar zu politischen Demonstrationen, bei denen eine grosse Zahl von Ektern vor das Rathaus zog und in Sprechchören die Worte "M! M! M!" skandierte, worauf der ektische Präsident in einer grossen Rede versicherte: "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks!"
 Dies stimmte allerdings nicht ganz, und der Präsident selbst wusste das auch, aber unglücklicherweise hatte er keine weiteren Ausdrücke zur Verfügung, und so gehört das Ektische heute zu den ausgestorbenen Sprachen.