Francis Picabia/Biographie: Unterschied zwischen den Versionen

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<b>22. Januar:</b> <b>[[Francis Picabia|François Marie Martinez y Davanne]]</b> wird um 8 Uhr morgens in Paris. Sein Vater entstammt einer alten und vornehmen spanischen Familie namens Della Torre y Picabia. Seine Mutter, geborene Marie Cécile Davanne, stammt aus einer reichen französischen Grossbürgerfamilie.  
<b>22. Januar:</b> <b>[[Francis Picabia|François Marie Martinez y Davanne]]</b> wird um 8 Uhr morgens in Paris. Sein Vater entstammt einer alten und vornehmen spanischen Familie namens Della Torre y Picabia. Seine Mutter, geborene Marie Cécile Davanne, stammt aus einer reichen französischen Grossbürgerfamilie.  


Er wächst in Paris in einem herrschaftlichen Haus an der Rue des Petits-Champs 82 auf (heute Rue Danielle-Casanova 26) auf. Sein Vater ist weltgewandter Beamter an der kubanischen Gesandtschaft in Paris (Kuba war damals noch eine Kolonie Spaniens), seine Mutter eine zerbrechliche "Heilige".
Er wächst in Paris in einem herrschaftlichen Haus an der Rue des Petits-Champs 82 auf (heute Rue Danielle-Casanova 26) auf. Sein Vater ist weltgewandter Beamter an der kubanischen Gesandtschaft in Paris (Kuba war damals noch bis 1898 eine Kolonie Spaniens), seine Mutter eine zerbrechliche "Heilige".


== 1886 ==
== 1886 ==

Version vom 30. November 2008, 17:37 Uhr

1879

22. Januar: François Marie Martinez y Davanne wird um 8 Uhr morgens in Paris. Sein Vater entstammt einer alten und vornehmen spanischen Familie namens Della Torre y Picabia. Seine Mutter, geborene Marie Cécile Davanne, stammt aus einer reichen französischen Grossbürgerfamilie.

Er wächst in Paris in einem herrschaftlichen Haus an der Rue des Petits-Champs 82 auf (heute Rue Danielle-Casanova 26) auf. Sein Vater ist weltgewandter Beamter an der kubanischen Gesandtschaft in Paris (Kuba war damals noch bis 1898 eine Kolonie Spaniens), seine Mutter eine zerbrechliche "Heilige".

1886

Picabias Mutter stirbt an Tuberkulose, als er sieben Jahre alt ist.

1887

Picabias Grossmutter stirbt. Fortan lebt Picabia im Haus der "drei ohne Frauen" mit seinem Vater, seinem Onkel Maurice Davanne, der als Kustos in der Bibliothèque Sainte-Geneviève arbeitet, und seinem Grossvater Alphonse Davanne, einem leidenschaftlichen Fotografen. "Das Kind ist undurchschaubar, niedergeschlagen von Kummer und Einsamkeit."

1889

"A dix ans, Picabia aimait à rester seul, dédaignait les distractions qu'on offre aux enfants de son âge (...). Par contre, la solitude des heux de plein air, la mer à Riva-Bella, les bateaux; à Saint-Cloud le jardin de son grand-père où il passait une partie de l'été prêtaient l'espace à son imagination avide de se manifester en dehors des règles établies. Lorsqu'il était encore tout enfant, son père lui fit cadeau d'une balance. Il s'en servit d'abord pour peser de l'eau de Cologne, du sucre, des cheveux et des mouches! Puis il eut l'idée de placer cette balance sur la fenêtre, au soleil, et de poser devant l'un des plateaux une sorte d'écran, de façon à laisser ce plateau dans l'obscurité. Il désirait savoir si la lumière serait moins pesante que l'ombre." (Germaine Everling, "L'anneau de Saturne", Paris Fayard 1970, S. 25)

1894

Picabia beginnt Interesse für die Malerei zu zeigen und wird dabei von seiner Familie unterstützt. Sein Vater zeigt eins seiner Gemälde im Salon des artistes françaises, wobei das Gemälde eine Auszeichnung erhält.

1895

Francis Picabia wird an der Ecole des Arts décoratifs in Paris eingeschrieben. Dort arbeitet er unter der Leitung von Ferdinand Humbert, einem Historienmaler und Porträtisten, und von Fernand-Anne Cormon, der zuvor schon Vincent van Gogh und Henri de Toulouse-Lautrec im Malen unterwiesen hatte.

1897

Picabia entdeckt den Impressionismus. Gleichzeitig entwickelt er sich zum "Lebemann" und entführt die junge Ermine Orliac, die Geliebte eines Journalisten, mit der er in die Schweiz flüchtet. Zur selben Zeit liest er Friedrich Nietzsche, auf den er sich in der Zukunft immer weider bezieht.

1899

Picabia malt sein erstes impressionistisches Bild, das von der Kritik bemerkt wird: "Nous accorderons une mention spéciale à la toile très lumineuse de Monsieur Picabia..." (Auszug aus einem unidentifizierten Presseartikel aus dem "Dossier Picabia" in der Bibliothèque littéraire Jacques Doucet in Paris)

1900

Picabia ist erwachsen, kehrt aus der Schweiz zurück, und erhält seinen Teil der Hinterlassenschaft seiner 1887 verstorbenen Grossmutter Cécile Davanne. Das beträchtliche Vermögen erlaubt ihm in voller Unabhängigkeit zu leben und zu arbeiten.

1901

Picabia lebt mit Ermine Orliac in Paris im Quartier Montmartre, wenn er sich nicht an den Ufern des Loing (ein Nebenfluss der Seine), in Südfrankreich, in Martigues (bei Marseille) oder in Saint-Tropez aufhält. Er malt Landschaften in traditioneller Ausführung, und elegante Spanierinnen.

1902

Picabia macht seine erste Reise nach Spanien, nach Sevilla, wo seine Tante Juanita, die Lieblingsschwester seines Vaters, mit dem Kubaner Manuel Hector Abren verheiratet ist, dem Bürgermeister der Stadt. Während dieser Reise macht Picabia zahlreiche Zeichnungen von Toreros und Zigeunern - Themen, die er im Verlauf seines Lebens mehrmals wieder aufnimmt. Er entdeckt die Malerei des englischen Impressionisten Alfred Sisley (1839-1899) und lernt Rodolphe und Manzana Pissarro kennen, die Söhne des Impressionisten Camille Pissarro (1830-1903). Pissarro erinnerte sich in einem Brief an seinen Sohn Laurent an diese Begegnung:

"Nous venons de recevoir une lettre de Rodo. Il paraît qu'il a travaillé beaucoup. Il me raconte qu'ils sont en compagnie d'un élève de Cormon; ce garçon est extraordinaire, il fait des quantités d'études sur nature par le procédé en usage dans les écoles. De cette façon, il arrivé à couvrir des quantités de bouts de toile. Il ne tient aucun compte de l'air, de la lumière, et il pent tout en brun uniforme! dans le Midi! Quand il a ainsi fait quantité de ces croquis, il commence son tableau de Salon, une toile de deux mètres, après avoir fait, par le moyen de la photographie, le motif qui lui convient! il aura pour cela une médaille et sera sacré grand peintre..."

Picabia gibt das "einheitlichen Braun" zugunsten von hellen Farben und Licht auf. Das ist die entscheidende Wendung hin zum Impressionismus, die sich durch eine starke Tätigkeit kennzeichnet. Er erlangt schnell einen ungemeinen Erfolg und stellt regelmässig in den Salons aus.

1902 - 1903

Picabia trifft Camille Pissarro und beginnt unter seinem Einfluss seine impressionistische Periode, die auch von Sisley beeinflusst wird.

1903

Ausstellung im Salon d'Automne und bei den Indépendants.

1905

Picabia macht seine erste Einzelausstellung in der Galerie Haussmann, mit deren Leiter Danthon er einen lukrativen Vertrag abschliesst. Die Zeitung Figaro kommentiert die Ausstellung am 15. Februar 1905 wie ein gesellschaftliches Ereignis:

"Les expositions se multiplient mais toutes n'ont pas la bonne fortune d'attirer, comme l'exposition des paysages de M. Picabia, qui prend les proportions d'un événement."

Mit seinen impressionistischen Bildern erzielt Picabia zwar einen Riesenerfolg und vollzieht auch noch die Schritte vom Pointillismus bis zu den Fauves. Die Aussicht auf eine sich fortlaufend wiederholende, langweilige Tätigkeit erscheint Picabia allerdings bald wie ein unerträglicher Zwang.

1908

Picabia bricht den Vertrag mit Danthon, der eine Versteigerung von 100 Bildern des Künstlers organisiert, wobei ihre Bewertung brutal einbricht. Dieser erste Bruch zeugt von einem unaufhörlichen Drang nach neuen Wegen, den er während seiner gesamten Laufbahn behalten wird.

Picabia trifft Gabrielle Buffet, die aus Berlin zurückkehrt, wo sie Musik studiert hatte:

"Mon frère (...) travaillait sur nature à Moret-sur-Loing où habitait aussi Picabia; ils avaient lié connaissance "sur le motif" et étaient devenus bons amis. C'est ainsi que, profitant de la voiture de Picabia qui se rendait à Paris, il venait déjeuner à Versailles avec nous. Mais une panne les avait longuement retardés; il était fort tard et ma mère pria Picabia de partager notre repas. L'on me questionna sur les expositions de Berlin; j'osais avouer mon ignorance, mon incompétence en matière de peinture, l'ennui, l'effort que représentaient pour moi les expositions et les musées..."

Mit Gabrielle diskutiert er die Probleme der Kunst. Ausgehend von der Malerei und seinen Gedanken zur Musik weiss sie in ihm ähnliche Anliegen zu erwecken:

"Picabia s'approchant m'entreprit de nouveau sur la question "peinture", me déclarant qu'elle l'ennuyait encore plus que moi, et qu'il n'était pas tenu par ses engagements de faire prochainement une exposition il ne peindrait plus..."

Edouard André veröffentlicht das Buch Picabia, le peintre et l'aquafortiste.

1909

27. Januar: Francis Picabia heiratet die Musikstudentin Gabrielle Buffet und sie machen eine Reise nach Saint-Tropez.

1909 - 1913

Beschäftigung mit Kubismus und abstrakter Kunst. Erstes abstraktes Bild ("Caoutchouc").

1911

Erstes Zusammentreffen mit Marcel Duchamp.

1912

Mitbegründer der Section d'Or. Freundschaft mit Apollinaire, der Picabia in seinem Essay Les peintres cu bistes als den "orphischen" Maler begrüsst. Beginn der "orphischen" Periode.

1913

Datei:picabia francisBILDudnie 1913.jpg
1913 Francis Picabia Gemälde Udnie

Reise nach New York. Teilnahme an der "International Exhibition of Modern Art" (auch bekannt als "Armory Show") in einem New Yorker Zeughaus an der Lexington Street, der ersten grossen Ausstellung internationaler Avantgarde in Amerika - Picabia wird als Wortführer europäischer Künstler gefeiert. Als einziger europäischer Künstler ist er zur Eröffnung nach New York gefahren, wo er monatelang im Künstlerkreis gefeiert wird. Seine ausgestellten vier Werke zeigen, dass er sich inzwischen auch Abstraktion, Kubismus und Futurismus angeeignet hat. Zusammentreffen mit dem Fotografen Alfred Stieglitz, der Picabia eine Sondernummer der Zeitschrift Camera work widmet. Ausstellung in der Galerie "291" von Stieglitz.

Entstehung des Gemäldes Udnie.

1914

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs muss auch Picabia einrücken. Picabias Schwiegervater verschafft ihm einen bequemen Posten als Chauffeur eines Generals.

1915

Zweite Reise in die USA. Dank guter Beziehungen hat Picabia einen Sonderauftrag ergattert: er soll den Zuckernachschub aus Kuba sichern - eine Aufgabe, der er allerdings nicht viel Zeit widmet. Erst nach einem dreimonatigen Aufenthalt bei seinen New Yorker Freunden reist er endlich nach Havanna - wo er nichts ausrichtet. Nach New York zurückgekehrt wird er Stammgast eines Intellektuellensalons, zu dem auch der US-amerikanische Fotograf Man Ray und Marcel Duchamp gehören, damals der kühnste Revolutionär der jungen Moderne. Es kommt auch zur Zusammenarbeit mit Duchamp. Zudem wird Picabia Mitarbeiter von Alfred Stieglitz' Avantgarde-Zeitschrift 291. Beginn der "mechanomorphen" Periode. Bekanntschaft mit Joseph Stella (1877-1946).

Im Oktober 1915 sgat Picabia in einem Interview: "Dieser Besuch in Amerika hat eine völlige Verwandlung meiner Arbeitsmethoden mit sich gebracht... Fast gleich nach meiner Ankunft in Amerika kam mir plötzlich der Gedanke, dass der Genius der modernen Welt in der Maschine steckt und dass die Kunst durch die Maschine ihren lebendigsten Ausdruck finden sollte."

Picabias "Porträt eines amerikanischen Mädchens im Zustand der Nacktheit": dargestellt ist nichts als eine Zündkerze. Die Zeichnung "Hier, dies ist Stieglitz" zeigt einen ausgeklappten Fotoapparat. Picabia interessiert sich aber nicht für Maschinenästhetik. Wie seinem Freund Duchamp geht es ihm darum, einen neuen Gedanken für einen bekannten Gegenstand zu schaffen. Den neuen Gedanken bringt der Titel bei, er fungiert, auch formal, als wesentlicher Bestandteil des Werks. Die Malerei, sagte Picabia, sei das Objekt, der Titel der subjektive Ausdruck.

1916

Von Depressionen und Nervenkrisen geplagt reist Picabia zurück nach Europa. In Frankreich gilt er inzwischen als Deserteur. In Barcelona gründet er die Zeitschrift 391 (publiziert bis 1924), von der er selbst schreibt, sie sei ein Duplikat von Alfred Stieglitz' 291. Duplikate haben es ihm ohnehin angetan. Als Jugendlicher, berichtet er, habe er Bilder seines Vaters kopiert, die Originale verkauft und durch die Fälschungen ersetzt, ohne dass jemand etwas bemerkt hätte. Da "habe ich meine Berufung entdeckt".

1917

Datei:picabia francisBILDparadeamoureuse 1917.jpg
1917 Francis Picabia Gemälde Parade amoureuse

Als die USA im April 1917 in den Krieg eintreten, ist Picabia wieder in New York. Noch einmal lässt seine Frau ihre Beziehungen in Paris spielen und er darf starffrei zurückkehren. Veröffentlichung des ersten Gedichtbandes Cinquante-deux miroirs. Zusammentreffen mit Joan Miró (1893-1983). Picabias "mechanistische" Periode dauert von 1917 bis 1921. Es entstehen Werke wie Child carburettor (1917) und die Parade amoureuse" (1917).

1918

Datei:picabia francisBILDportraitdetristantzara.jpg
Francis Picabia Bild Portrait de Tristan Tzara

Aufenthalt in Lausanne. Zweiter Gedichtband La fille née sans mère. Anschluss an die Dada-Gruppe in Zürich. Picabia findet seine ganz persönliche Abneigung gegen Gesetzmässigkeiten und Regeln begeistert in der Dada-Grundidee wieder, welche die Existenz unanfechtbarer Kriterien für die Kunst verneint. Zusammentreffen mit Tristan Tzara. Kontakt mit Christian Schad (1894-1982).

1918 - 1919

Francis Picabia ist wieder in Paris, das um 1920 zum Zentrum des Dadaismus wird. Hier gibt sich die Bewegung antiphilosophisch und nihilistisch, provoziert den Skandal um des Skandals willen. Einziges Gesetz ist den Dadaisten, diesen Gesetzlosen der Kunst, der antibürgerliche und antiakademische Geist, einzige Methode: die Provokation. Anarchie und Nihilismus bedeuten entschiedene Ablehnung aller herkömmlichen Hierarchien. Der Dadaismus predigt gegen die traditionelle Kunst und damit gegen die Geschichte, entscheidet sich für Subversion und Destruktion. Die Definition, die Dada von sich selber gibt, sind negativ formuliert: Nicht, als was man sich begreift, welche Ziele und Mittel man anzubieten hat, wird gesagt, sondern was man nicht anstrebt, nicht sein will.

1919

Francis Picabia, Marcel Duchamp und Ribemont-Dessaignes gründen die Pariser Dada-Bewegung. Entstehung des Gemäldes Abstrait Lausanne. Picabia und Tzara geben "Dada 4-5" heraus.

1920

März 1920: Auf dem Umschlag der Zeitschrift 391 veröffentlicht Picabia Marcel Duchamps ikonoklastisches Bild LHOOQ.

Veröffentlichung des Pamphlets Jésus-Christ rastaouquère.

Mit Erik Satie Inszenierung, Bühnenbilder und Kostüme zum Ballett "Relâche" von Rolf de Maré.

1921

Picabia teilt mit, Dada sei tot. Nur bis 1918 habe Dada wirklich gelebt, nun sei es erstarrt wie eine Akademie: "Indem Dada sich verlängern wollte, hat es sich in sich selbst eingeschlossen." Heftige Auseinandersetzungen, vor allem mit André Breton, sind die Folge. Der will Dada gar zu einer gesellschaftspolitischen Kraft machen.

1922

Ausstellung in der Galerie Delmeau in Barcelona. Gezeigt werden 47 Aquarelle, darunter Orthophone 1. Der Ausstellungskatalog enthält ein Vorwort von André Breton. Die Ausstellung ist ein Fiasko - kein einziges Bild wird verkauft.

Von 1922-1924 Mitarbeiter der Zeitschrift Littérature, für deren zweite Serie er seine berühmten Cover-Zeichnungen herstellt.

1922 formuliert Francis Picabia folgenden Gedanken: "Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann."

Bild "Spanische Nacht".

1923

Bild Dresseur d'animaux.

Picabia schreibt: "Es gibt Leute, die Maschinen nicht mögen: ich schlage ihnen spanische Frauen vor. Wenn sie spanische Frauen nicht mögen, mache ich ihnen französische Frauen."

Er verkündet: "Ich wünsche mir sogar, eines Tages auf meine Hauswand Künstler auf jedem Gebiet zu schreiben."

"Ich bin der einzige, der beim Tod der Kunst nichts geerbt hat... mich hat sie enterbt, aber damit hat sie mir die Freiheit gelassen, alles zu sagen, was mir durch den Kopf geht, und zu tun, was mir gefällt."

1924

Mitarbeit an René Clairs surrealistischem 14-minütigen Stummfilm Entr'acte, der als Pausenfilm für das Ballet Relâche dient, für das Erik Satie (1866-1925) die Musik schreibt. Picabia steuert dazu Libretto und Bühnenbild bei. Die vom Skandal begleiteten Aufführungen machen Theatergeschichte. Der Film, zu dessen Darstellern Picabia, Satie, Man Ray und Marcel Duchamp gehören, steht am Anfang des experimentellen Kinos. Mit amerikanischen Slapstick-Methoden und einer zur Selbständigkeit gelangenden Kamera wird da etwa die groteske Amokfahrt eines Leichenwagens gezeigt. Picabia spricht von dem "sich frei bewegenden Bild", dem "als eigentlicher Wert auf der Leinwand hin- und herspringenden Bild."

Bis zu diesem Zeitpunkt hat Picabia ein komplettes impressionistisches Werk geschaffen und wieder abgestossen, die Zeitschrift 391 gegründet, Gedichte und Aphorismen veröffentlicht, einen Roman und viele Pamphlete und Manifeste verfasst, ein revolutionäres Bühnenbild entworfen, einen Avantgarde-Film produziert. Er hat mit seiner Frau Gabrielle zwei Söhne und zwei Töchter, mit seiner Geliebten Germaine Everling einen Sohn. Nun will Picabia sesshaft werden und baut sich mit dem Erbe von Onkel Maurice in Mougins (Alpes-Maritimes) an der Côte d'Azur sein "Château de mai", wo er bis 1935 wohnt.

1925

Datei:picabia francisBILDbaigneuse 19251926.jpg
1925-1926 Francis Picabia Gemälde Baigneuse

Aus der Auseinandersetzung mit den Ideen von André Breton entstehen die ersten "Monsterbilder" wie z. B. Baigneuse (1925-1926). Daraus entwickeln sich später die "Transparenzen" wie z. B. Pieris. Für diese Arbeiten schöpft Picabia aus dem reichen Schatz der Malerei der italienischen Renaissance, um daraus eine ironische Attacke gegen falsches Traditionsbewusstsein zu formulieren.

1926

8. März: Verkauf von 80 Gemälden im Hôtel Drouot. Picabia bittet dafür Marcel Duchamp, im Katalog als Eigentümer der Werke aufzutreten. Ein Landschaftsbild von 1906 erzielt den höchsten Preis.

Hinwendung zur gegenständlichen Malerei.

1927

Picabia erklärt: "Wenn ich etwas ernst nehme, dann ist es gerade das: nichts ernst zu nehmen."

1929

Picabia kauft seine ersten Boote, zuerst die "Cocolo" und dann die "Henriquetta", auf der er die meiste Zeit mit dem ehemaligen Kindermädchen Olga Mohler verbringt, der neuen Frau an seiner Seite. Picabia führt nun ein mondänes Leben. Er pendelt zwischen seinem Château, zwei Ateliers und seiner jeweiligen Jacht (insgesamt besass er sieben), kauft schnelle Autos (insgesamt besass er 127) und richtet glanzvolle Feste aus.

1936

Januar: Ausstellung in Chicago. Seine Bilder ähneln Werbeplakaten. Sehr bunte werden durch schwarze Striche voneinander abgegrenzt.

Sommer: Francis Picabia organisiert seine letzte Gala, "Le ciel et l'enfer". Picabia signiert mit Sophie Täuber, Arp, Bryen, Delaunay, Domela, Duchamp, Moholy Nagy, Kandinsky und Sirato... das Manifest des Dimenionismus.

1939 - 1943

Datei:picabia francisBILDcinqfemmes 1942.jpg
1942 Francis Picabia Gemälde Cinq femmes

Während seiner "narrativen" Periode malt Francis Picabia vorzugsweise Nackte, teilweise kopiert und koloriert er dafür schwarz-weisse Fotografien aus den erotischen Magazinen Paris Sex Appeal, Paris Magazine und Mon Paris. Andere Motive findet er auf Bildpostkarten und in Nachtklubanzeigen. Unter diesen Bildern findet sich z. B. Cinq femmes (1942).

1940 - 1945

Aufenthalt in Südfrankreich. Im Juni 1944 schreibt Picabia seinen ersten Liebesbrief an Suzanne Romain, die eben Camassade verlassen hat - begleitet von ihrem Ehemann.

1943

Auf den Terrassen der Tuilerien werden von den Deutschen auch einige Gemälde von Picabia verbrannt.

1945

Picabia beginnt seine "abstrakte" Periode und wird eine Art Guru für junge Maler wie Hartung, Wols oder Soulages. Er lehnt die geometrische Kunst von Denise René vehement ab und schliesst sich Arp in seiner Verteidigung des Biomorphismus in der Malerei an.

1948

Trennung von Suzanne Romain.

1949

Grosse Francis Picabia-Restrospektive in der Galerie René Drouin unter dem Titel "Cinquante ans de plaisir".

1953

30. November: Francis Picabia stirbt in Paris. Auf seinem Sterbebett diktierte er: "Ich bin der Antikünstler schlechthin."

1997

30. Mai - 19. Juli: Ausstellung in der Galerie Hauser und Wirth in Zürich.