Klaus Kinski - Biographie 1980-1989

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1980

Golan fragt mich immer wieder nach Paganini. Aber ich traue ihm nicht. Ich bin überzeugt, dass er keine Ahnung hat, wovon ich rede, wenn ich ihm von meinem Drehbuch erzähle. Das erste, was er mir in seinem Büro am Sunset Boulevard zeigt, ist die Oscar-Nomination für Entebbe. Das erinnert mich wieder an den Schweinefrass, den ich während der Schinderei in Israel herunterwürgen musste. Ich frage mich, warum diese Preisperversen sich die Nominationen nicht aufs Klo hängen. Da könnten sie sich doch ungestört und zu jeder Zeit davor einen abwichsen.

Als mich eine von diesen "Playboy-Limousinen" (warum die wohl so heissen) - die immer nur aussen gereinigt werden, in denen nie jemand ein Fenster öffnet, und deren Fahrer vorher Leichen zum Friedhof gefahren haben - mich zum Präsidenten der Disney-Studios bringt, der mich wegen eines Projektes sprechen will - fängt dieser Leichenwagenfahrer unaufgefordert an, "Besichtigungstour" zu spielen: "Das ist der Friedhof, auf dem die Hollywoodschauspieler begraben liegen", sagt er und zeigt auf die rechte Seite der Schnellstrasse.

Dann zeigt er über die Schnellstrasse nach links und sagt: "Und dort drüben liegen die Disney-Studios."

"Also nur einen Sprung über die Strasse", sage ich.

Ich kann im Rückspiegel sehen, wie seine Fratze sich zustimmend zu einem Totengräbergrinsen verzerrt.

Zurück nach Paris für Kind-Frau [La femme-enfant].

Es gibt, glaube ich, keine gemeinere, selbstmörderischere Gegend in Frankreich als die, welche diese Regisseur-Zicke [Raphaële Billetdoux für den Film ausgesucht hat. Richtung Belgien. Brutal und hinterlistig, und jetzt, November / Dezember, auch noch grau und kahl, eisiger Matsch, Nebel, Glatteis und Schnee.

Das Hotel ist die Imitation eines Schlösschens aus dem 17. Jahrhundert, in dem Tag und Nacht gebaut wird und in dem wir tagsüber auch noch drehen. Bohrmaschinen, Hämmer, Sägen, Traktoren, Geschrei, giftiger Staub und der Gestank von Tünche - Tag und Nacht. Die angeblich "türkischen" Luxusbäder mit riesigen runden Badewannen aus Plastik, in denen man ohne weiteres ersaufen würde, funktionieren folgendermassen: Wenn man die Spülung auf dem Klo zieht, kommt Scheisse und Pisse aus dem Abfluss der Badewanne hoch. Dreht man den Kaltwasserhahn auf, kommt kochendheisses Wasser, das nach Scheisse stinkt, und so fort. Wie in den Filmen von Laurel und Hardy. Dieses sogenannte "Luxusschlösschen" wird von Parisern für Wochenenden mit ihren Huren als Bordell benutzt. Jedoch nicht nur, weil ich in dieser Kloake überschnappen würde - vor allem deswegen fahre ich jeden Tag die 200 km hin und zurück, damit ich in Paris bin, falls Minhoï plötzlich für den Abend Nanhoï zu mir an den Quai Bourbon kommen lässt.

Die Dreharbeiten sind eine einzige Schlacht gegen Unfähigkeit und aggressive Aufsässigkeit von seiten der Regie-Zicke und einem Stümper von Kameramann - die in ihrer Unfähigkeit fest zusammenkleben.

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 399-401

Klaus Kinski übersiedelt nach Los Angeles.

1981

4. Februar 1981: Beginn der Dreharbeiten zum Billy Wilder-Film Buddy Buddy in Los Angeles. Obwohl Nastassja Kinski zur selben Zeit in Los Angeles ihren Film Cat people (1982) dreht, treffen sich Vater und Tochter nicht.

Der Hollywood-Scheiss mit Billy Wilder ist, Gott sei es gedankt, zu Ende. Es ist für einen Aussenseiter unvorstellbar, was sich an Dämlichkeit, Grosskotzigkeit, Hysterie, Diktatur und lähmende Langeweile bei den Dreharbeiten mit Billy Wilder abspielt. Die sogenannten Schauspieler sind regelrecht dressierte Pudel, die "Männchen" machen, immer wieder, bis zum Erbrechen, und über "Stöckchen springen", man denkt, dass alle vollkommen verrückt geworden sind. Ich dachte, dass der Irrsinn überhaupt kein Ende mehr nimmt. Aber ich habe einen Haufen Geld bekommen für die paar Tage.

"Die ernsthaften Filme wirst du in Zukunft mit Herzog drehen und die komischen mit mir", hatte Billy Wilder bei unserem ersten Zusammentreffen im Restaurant La Scala zu mir gesagt.

Ich glaube, dass es eher umgekehrt ist: Die sogenannten komischen Filme von Billy Wilder sind seit langem nicht mehr komisch, sondern stur-verkrampft, und das Lachen gefriert einem in den Mundwinkeln. Während die sogenannten ernsten Filme von Herzog unfreiwillig komisch wären, würde ich tun, was er will.

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 411-412

Klaus Kinski und Minhoï lassen sich scheiden. Sie waren seit 1971 miteinander verheiratet.

Dreharbeiten zu Werner Herzogs Film Fitzcarraldo in Peru.

Die fünf Monate im Dschungel von Peru sind ganz ähnlich den Monaten als wir vor zehn Jahren Aguirre" drehten. Wieder sind es Herzogs totale Ahnungslosigkeit, Beschränktheit, Unfähigkeit, Arroganz und Rücksichtslosigkeit, die immer wieder unser Leben auf's Spiel setzen, den endgültigen Zusammenbruch der Dreharbeiten und den Ruin der Finanzierung androhen. Wieder ernährt er die Truppe mit ungeniessbraem Frass, den er mit Schweinefett-Öl kochen lässt. Wieder mangelt es am Nötigsten, um die Beteiligten bei Kräften zu halten und vor gefährlichen Erkrankungen und Seuchen zu bewahren. Wieder mangelt es an Früchten, Gemüse und vor allem an Trinkwasser. Ich bin der einzige, der eine tägliche Mineralwasser-, Papaya- und Zitronen-Ration im Vertrag hat.

Un dich bin der einzige, der diesen Schweinefrass wenn irgend möglich nicht frisst - und mir, so oft ich Gelegenheit habe, im Fluss gefangene Fische, geschossene Wildhühner oder eine Wildente auf einem Holzfeuer röste.

Sobald Herzog den Braten riecht, klebt er wie eine Schmeissfliege an mir und will mir alles wegfressen. So viel ich ihn auch beschimpfe und beleidige und sogar bedrohe - sobald er etwas von mir will, ist er wieder da, wie Malaria, wie der Gestank, der unaufhaltsam von einem Haufen Scheisse ausgeht.

Die Einzelheiten aller Schindereien und Schikanen im Dschungel - Herzogs Hirnverbranntheit, Frechheit, Dreistigkeit, Brutalität, Stumpfsinn, Grössenwahn und Talentlosigkeit - und deren Folgen aufzuzählen und zu beschreiben wäre ein einziges Kotzmittel und unverzeihliche Zeit- und Energieverschwendung. Er ist derselbe faulende Abfallhaufen wie vor zehn Jahren - nur noch blödsinniger, noch kopfloser, noch paralytischer, noch mörderischer.

Er schleppt Tag und Nacht ein Notizbuch in einem Lederetui am Gürtel mit sich herum, in das er seine grossmäuligen Lügenberichte über die Dreharbeiten einträgt. Dazu hat er sich einen sogenannten Dokumentarfilmer engagiert, Less [sic] Blank, der an nichts anderes denkt als an fressen - und der einen Dokumentarfilm über Herzog drehen soll. Dieser Fresssack ist so faul, dass er alles verpennt.

Ist er einmal, aus Zufall, zur rechten Zeit am Ort, dann nödelt er so lange herum, bis er seine Kamera endlich auf dem Stativ befestigt hat, dass inzwischen alles vorbei ist. Aus der Hand dreht er nicht. Sicher verwackelt er alles, der Hauptgrund ist jedoch zweifellos die Kamera selbst, die ihm zu schwer und unbequem ist.

Wieder sind Herzog und sein Kameramann wochenlang ungewaschen. Wieder starrt ihre Kleidung vor Dreck. Nicht Erde, nicht Schlamm oder Lehm. Nein, Dreck! Dreck von ihnen selbst: Schweiss und Ausdünstung bilden eine schmierige Masse, die selbst unter freiem Himmel wie Stinkbomben stinkt. Selbst das dünne Leder über dem Gummiband des Kamerasuchers, das normalerweise aus hygienischen Gründen täglich gewechselt werden muss, wird wochen-, ja monatelang nicht erneuert, ist mit einer Art schwarzgrauem Schleim überzogen und stinkt so unerträglich, dass ich mich nicht mehr in die Nähe der Kamera begebe. Dazu kommt eine geradezu ekelerregende Fresssucht und Faulheit, diese Brut pennt noch um 8 oder 9 Uhr morgens - während der Tag im Dschungel um 3 Uhr morgens anbricht und das wundersamste, magischste Licht die Schöpfung in ihrer geheimnisvollen Kraft und Reinheit offenbart.

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 414-416

1982

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Klaus Kinski und Claudia Cardinale 1982 am "Festival International du Film" in Cannes

4. März 1982: Uraufführung des Films Fitzcarraldo am "Festival International du Film" in Cannes. Klaus Kinski und Claudia Cardinale sind unter den Zuschauern und lassen sich fotografieren.

Klaus Kinski beantragt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und zieht in ein eigenes Haus im Ort Lagunitas bei San Francisco (Kalifornien).

Ich hetze nach San Francisco-Marin-County, um meinen Babyboy in meine Arme zu reissen, der morgen von einer Reise nach Hawaii zurück sein soll.

Wieder New York. Schlangengift [Venom] synchronisieren. Arthur Penn will mich für seinen Film. Ich lehne ab. Ich habe Fellini abgelehnt und Visconti und Pasolini, Kenn Russel, Liliane Cavani, meistens wegen der Gage. Und ich würde aus demselben Grund Einstein [Eisenstein?] abgelehnt haben und Kurosawa. Ich habe bis heute mehr als 250 Filme gedreht [!] und mehr als 2000 abgelehnt.

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 426

1983

Die Schöne und das Ungeheuer [Beauty and the Beast] für ABC in Hollywood. Ich denke an den Zauber-Film von Cocteau. Ich kann an nichts anderes denken, auch nicht als ich das haarsträubende Drehbuch lese, das eines der magischsten Märchen zu banalem Hollywood-Schund degradiert hat. Ich sage, dass sie ihren Scheiss allein machen sollen. Sie hatten mir Jessica Lange als Partnerin versprochen. Statt dessen wollen sie mir jetzt so eine Schauspiel-Nutte [Susan Sarandon aus New York andrehen. Sie gestehen mir zwar das Recht zu, Wort für Wort Cocteaus Worte für mich selbst aus dem Französischen ins Englische zu übernehmen - aber alle anderen reden den fantasielosen, proletarischen Idioten-Dialog der amerikanischen Fernsehfassung. Die Dreharbeiten sind nicht zu beschreiben, oder besser gesagt, niemand würde es glauben.

George Roy Hill lacht sich halb tot, als ich ihm Einzelheiten erzähle. Nicht, weil es so komisch ist, sondern weil er es für einen Witz hält, dass so etwas zugelassen wird.

Ich drehe den Film in fünf Tagen, mehr Zeit ist nicht. Mitten in die Grossaufnahme der Sterbeszene des zum Ungeheuer verzauberten Prinzen - mitten in den Satz "...ein armes Tier, das seine Liebe verloren hat, kann sich nur verkriechen und sterben...", blökt so ein Vieh aus den Lautsprechern:

"Schluss!"

Es ist ca. 6 Uhr nachmittags, das heisst, die gewerkschaftlich festgelegte Arbeitszeit ist zu Ende!

Quelle: 1991 Klaus Kinski Buch Ich brauche Liebe S. 442-443

1985

Im deutschen Fernsehen läuft die Dokumentation Zeit zu zweit (Desirée Nosbusch und Klaus Kinski).

18. Oktober 1985: Als Gast der NDR-Talkshow knüpft Klaus Kinski an sein altes Image als Bürgerschreck an. Die Sendung hätte eigentlich von Alice Gundlach moderiert werden sollen. Als Gast erscheint Hans Leutenegger, der Klaus Kinski eine Geburtstagstorte zu seinem 59. Geburtstag überreicht.

Oktober 1985: Klaus Kinski ist auch in Thomas Gottschalks ZDF-Sendung Na sowas zu sehen.

Klaus Kinski zu Gast in der deutschen Fernsehsendung WWF-Club (ARD). Regie: Klaudi Fröhlich. Produktion: Rhewes-Film.

1987

Während der Dreharbeiten zum Film Cobra Verde (1987) werden die Meinungsverschiedenheiten zwischen Kinski und Regisseur Werner Herzog so gross, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.

Klaus Kinski - zu der Zeit bereits 61 Jahre alt - "heiratet" als vierte Ehefrau die 17jährige Deborah Caprioglio und reiht sich damit an der Spitze in die Reihe der Männer ein, die wesentlich jüngere Frauen geheiratet haben. Allerdings handelt es sich um keine standesamtliche Heirat.

Steff Gruber gibt zusammen mit Beat Presser (Fotos) das Filmbuch Cobra Verde von Werner Herzog heraus. Verschiedene von Steff Gruber mit Werner Herzog während der Dreharbeiten geführte Gespräche werden darin zum ersten Male veröffentlicht.

Klaus Kinski realisiert sein Projekt Kinski - Paganini. Für seinen letzten Film Paganini (1988) ist Klaus Kinski (zum einzigen Mal) gleichzeitig als Regisseur und Hauptdarsteller tätig. Paganinis Sohn Achille wird von Klaus Kinskis Sohn Nikolao gespielt. Auch seine Frau Debora hat eine Rolle in dem Film.

1988

Klaus Kinskis Film Paganini wird wegen "zuviel Pornographie" von der Jury des Filmfestivals in Cannes vom Wettbewerb ausgeschlossen.

17. Dezember 1988: Premiere des Films Paganini im Opernhaus Paris.

1989

30. Januar 1989: Der Spiegel meldet: "Klaus Kinski geriet wegen seines jüngsten Films über Niccolo Paganini mit seinem Produzenten aneinander. Der von Kinski gelieferte Schnitt des Films sei, so Augusto Caminito, vulgär und liege an der Grenze zur Pornographie. Produzent Caminito, der mit Kinski ein Abkommen über Produktion von drei Filmen hat, will jetzt vor Gericht die Annullierung des Vertrages durchfechten."

Klaus Kinski und Deborah Caprioglio trennen sich. Sie waren angeblich seit 1987 "verheiratet".