Text "Die Ballade von den Mädchen, die keinen Mann mehr finden" (François Villon; Nachdichtung von Paul Zech)

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Klaus Kinski rezitierte diese Ballade unter dem Titel "Von den Mädchen, die keinen Mann mehr bekommen".

Text

Sie haben alle einen Abend lang
und hautnackt blank
im grünen Gras gelegen.
Und haben da in solcher Nacht
den Mann um seinen Schlaf gebracht,
sie wussten wohl weswegen.
Das war im Sommerjahr ihr schönster Traum,
denn winters grünt im Wald kein Pflaumenbaum.
 
Im Pflaumenbaum da sang die Nachtigall
noch manches Mal das Lied vom Sündenfall.
Und oben bei den Schafen
da stand ein fetter Mond und liess
den Knaben, der so schön auf seiner Flöte blies,
die ganze Nacht nicht schlafen.
Er hat an das, was nachher kommt, gedacht
und in der Früh sich aus dem Staub gemacht.
Da banden sich die Mädchen einen Kranz ins Haar
und klopften an bei Jesu Engelschar,
dass er sie von den Bösewichtern
erlöse für und für.
Doch Petrus stand mit seinem Sarrass vor der Tür
und zeigte auf den See, da irrten sie herum, die Lichter,
die Angedenken aus der Pflaumenzeit
in einem dicken Würmerkleid.
 
So manche Frau trägt immer noch die Jungfernhaut,
obwohl ihr Haar schon dünn ist und ergraut.
Die ganze Nacht brennt in der Kammer Licht
und aus dem Spiegel grinst ein hässliches Gesicht.
Da möchten sie das Bild zerschmeissen.
Doch Glück und Glas, das reimt sich nie
auf Pflaumenbaum und Zitterknie.