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Aktuelle Version vom 18. November 2008, 13:45 Uhr

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Der Samenlöser

Serge Gainsbourg: 15 Jahre tot jetzt!

Er rauchte wie ein Schlot, soff wie ein Loch und sah aus wie ein fauliger Kohlkopf. Trotzdem vernudelte Serge Gainsbourg die schönsten Französinnen seiner Zeit und hat mit Muse Jane Birkin die Hymne der Sexuellen Revolution eingestöhnt: "Je t'aime... moi non plus". Auch Catherine Deneuve, Isabelle Adjani und Vanessa Paradis lagen dem Pariser Enfant Terrible zu Füssen - kaum zu glauben, wenn man bedenkt, wie scheisse Serge Gainsbourg aussah.

Kein Wunder, wollte ihn seine Mutter abtreiben. Lucien Ginzburg, wie Serge Gainsbourg als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer eigentlich hiess, war schon immer ein unbeugsamer Quertreiber. In der Hoffnung der neue Picasso zu werden, besuchte er eine Kunstschule am Montmartre. Doch seine Bilder sahen nicht viel besser aus als er selbst. Dafür waren seine Mädels umso schärfer. Seine erste Ehefrau lernte Serge auf der Sündenmeile Pigalle kennen. Sie haute aber wenig später ab, weil er ständig mit anderen rumvögelte. Schon bald heiratete Serge zum zweiten Mal und zeugte zwei Kinder.

Als die donnernde Rock'n'Roll-Welle über Frankreich kam, sprang auch Gainsbourg auf. So landete die erst 16-jährige France Gall mit einem Gainsbourg-Song auf Platz Eins der Charts - ohne zu realisieren, dass der gefiepste Refrain eigentlich eine Oral-Sex-Hymne war - und gewann im gleichen Jahr den GP d'Eurovision de la Chanson. Internationale Stars wie Marianne Faithfull und Brigitte Bardot bestellten nun Hitsingles beim Maître. So kam eins nach dem anderen, bis Serge eines Tages ins Bett von Frankreichs Sexbombe Brigitte Bardot stieg. Und mit einem Welthit herauskam. Denn eines Nachts soll ihm Brigitte ins Ohr gestöhnt haben "Je t'aime...". Das alleine wär schon geil genug, aber der glückliche Schweinehund machte auch noch eine Mörderkohle damit. Aber erst später, denn die Bardot hatte Hemmungen, dieses Lied zu singen.

Bis 1968 eine feurige Beziehung zwischen Gainsbourg und Jane Birkin entbrannte. Die Britin war Anfang Zwanzig, er fast doppelt so alt. Die Schöne und das Biest nahmen "Je t'aime... moi non pluis" neu auf. Was für ein Skandal! Der Vatikan sah in diesem Lied den Untergang vom Abendland, der Chef der italienischen Plattenfirma wanderte in den Knast und der Song erschien auf diversen Schwarzen Listen. Das war natürlich Zunder in Jahren der Jugendrevolten. Kein Wunder, lief der Titel in den Radios rauf und runter. Rauf und runter. Rauf und runter. Der Star genoss derweil sein Privatleben und fotografierte Jane Birkin nackt für ein Männermagazin - an eine Heizung gekettet. Serge und Jane heirateten, kriegten ein Kind und waren das schillerndste Liebespaar von Paris.

Mitte der 70er nahm die dunkle Seite von "Gainsbarre" allmählich überhand. Weder ein Herzinfarkt noch Jane konnten ihn vom Highway to Hell abbringen. Sie verliess ihn. Doch Serge sorgte weiterhin für Aufsehen, es entstanden das kontroverse Album Rock around the bunker (1975) und das Reggae-Werk Aux armes et caetera (1979) mit Peter Toshs Riddim-Section und Bob Marleys Ehefrau Rita. Was Serge Rita verabreichte, damit sie diese erotischen Zeilen sang, wusste nicht mal Gatte Bob, der sich ganz uneasy fürchterlich darüber aufregte. Für noch mehr Wirbel sorgte Gainsbourgs Reggae-Version der Nationalhymne Frankreichs. Politiker waren ausser sich und Serge kriegte Morddrohungen. "Mehr Öl ins Feuer der prüden Gesellschaft", riefen die kleinen Teufel auf Gainsbourgs Schultern: Es erschien die Novelle Evguénie Sokolov (Die Kunst des Furzens). 1984 landete er wieder mal einen unerwarteten Erfolg mit Love on the beat - dem bis heute meistverkauften Album. Frankreich erregte sich über den Inzest-Song "Lemon incest", in dessen Video Gainsbourg halbnackt mit seiner 14-jährigen Tochter Charlotte rumtanzte. Und dann trat Gainsbourg auch noch betrunken in TV-Shows auf und machte Whitney Houston vulgäre Angebote: "I want to fuck you".

Mit 58 schenkte ihm seine 32 Jahre jüngere Liaison Bambou noch ein Kind und 1990 schrieb er die Texte für das zweite Album von Vanessa Paradis, bevor er am 2. März 1991 an einer Herzattacke starb. Er wurde neben anderen Schnapsleichen der Pariser Bohème wie Jean-Paul Sartre oder Charles Baudelaire auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt. Am Tag der Beerdigung kam der Pariser Verkehr zum erliegen. Doch Gainsbourg ging nicht, ohne der Menschheit noch etwas Grosses zu hinterlassen. Vor seinem Ableben hat er eine Totenmaske von seinem Schwanz machen lassen, "sodass alle, die mich geliebt haben, dies weiterhin tun können."