1991.12.02 Der Spiegel Nr. 49 S. 308

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Klaus Kinski, 65. Der Schauspieler, Berufsbösewicht und Potenzprotz begann in den fünfziger Jahren seine Karriere als Rezitator von ungebärdigen sinnenfrohen Versen Villons. Da war er "so wild" nach "deinem Erdbeermund", füllte Säle und schmiss schon mal mit Gegenständen nach Aufmüpfigen unter seiner Andachtsgemeinde, die mit feuchten Augen, feuchtem Mund usw. an seinen spuckenden Lippen hing. Von 1960 an spielte der als Nikolausz Günther Nakszynski in Zoppot (bei Danzig) geborene in Edgar-Wallace-Plotten steinerweichende Schurken. Die Filme hatten so unvergessliche Titel wie Die toten Augen von London. Später kam Kinski, dessen ausdrucksvoll ausgemergelte Hässlichkeit Frauenherzen schneller schlagen liess, in Italo-Western als Finsterling mit stechendem Blick zu internationalem Ruhm. In reiferen Jahren trat der ewig unreife in eine Sado-Maso-Filmbeziehung zu dem Leute- und Selbstschinder Werner Herzog. Dieser Unvernunftsehe entsprangen so gelungene Meisterwerke wie Aguirre (Der Zorn Gottes) von 1972, so anstrengende Kraftakte wie Fitzcarraldo von 1981 und so schwachsinnige Verbohrtheiten wie Cobra Verde von 1987. In seinen Memoiren behauptete der Diaboliker, er habe unzähligen Frauen, ob alt, ob jung, ob verwandt, ob ungenannt, die Höhle heiss gemacht. Damit übertönte der Einsame, der mit seiner lärmenden Vita das Publikum ebenso faszinierte wie abstiess, seine Depressionen. Klaus Kinski starb am vorvergangenen Samstag in Lagustinas [sic] bei San Francisco.



Autor: unbekannt

Dem Artikel war eine kleine Abbildung Klaus Kinskis mit weissem Hut beigegeben.