1955 Film "Ludwig II. (Glanz und Elend eines Königs)"

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Illustrierte Film-Bühne
Erstaufführung Filmtitel Dauer Verleih
1955.01.14 München, Rathaus-Lichtspiele Ludwig II. (Glanz und Elend eines Königs) 114 min. / 3121 m country de.gif DE: Schorcht-Film
109 min.
1955 Louis II de Bavière country fr.gif FR:
Produktion Conrad von Molo und Wolfgang Reinhardt für Aura-Filmproduktion GmbH (München)
Drehbuch Georg Hurdalek nach einer Erzählung von Kadidja Wedekind. - Bearbeitung: Peter Berneis
Regie Helmut Käutner. - Assistenz: Erica Balqué
Kamera Douglas Slocombe. - Assistenz: Herbert Geier, Horst Fehlhaber. - Kameraführung: Karl Breslow. - Standfotos: Gabriele du Vinage. - [Farbe (Eastmancolor, kopiert auf Technicolor) 35 mm (1:1,33)]
Darsteller Otto Wilhelm Fischer (König Ludwig II.), Ruth Leuwerik (Kaiserin Elisabeth "Sissi" von Österreich), Paul Bildt (Richard Wagner), Marianne Koch (Prinzessin Sophie), Friedrich Domin (Reichskanzler Otto von Bismarck), Rolf Kutschera (Graf Holstein), Herbert Hübner (Kabinettschef von Pfistermeister), Robert Meyn (Professor Dr. Gudden), Klaus Kinski (Prinz Otto), Rudolf Fernau (Prinz Luitpold), Willy Rösner (Ministerpräsident von Lutz), Fritz Odemar (General von der Tann), Erik Frey (Kaiser Franz Joseph), Hans Quest (Kapellmeister Eckert), Wolfrid Lier (Kammerdiener Mayr), Albert Johannes (Minister Fürst Hohenfels), Erica Balqué (Cosima von Bülow), Walter Regelsberger (Graf Dürckheim), Horst Hächler (Prinz Louis Ferdinand), Harry Feist (Leibkoch), Rolf Kralowitz, Karl Hellmer, Josef Moosholzer, Herbert von Karajan, Wiener Philharmoniker
Sprache Deutsch
Schnitt Anneliese Schönnenbeck
Gesamtausstattung Heinz Heckroth
Bauten Fritz Lück
Entwurf und Kostümausstattung Ursula Maes. - Assistenz: Felizitas Bergmann
Maske Raimund Stangl, Anita Greil
Ton Martin Müller
Produktionsleitung Herbert Junghanns, Hermann Ludwig
Aufnahmeleitung Anton Höhn, Willy Kieninger
Herstellungsleitung Conrad von Molo, Wolfgang Reinhardt
Musik Richard Wagner. - Bearbeitung: Heinrich Sutermeister. - Musikalische Leitung: Kurt Graunke. - Musikalische Ausführung: Wiener Symphoniker (Leitung: Herbert von Karajan), Kurt Graunke und sein Symphonie-Orchester
Drehzeit 1954.08.03-1954.10.11
Drehort München-Geiselgasteig, Bavaria-Atelier. - Hohenschwangau. Neuschwanstein. Herrenchiemsee. (Aussenaufnahmen)
Freigabe country de.gif DE: 12
Klaus Kinski während der Dreharbeiten zu Ludwig II. (Glanz und Elend eines Königs) mit Regisseur Helmut Käutner

Regisseur Helmut Käutner inszenierte diese Lebensbeschreibung des leicht wahnsinnigen König Ludwig II. von Bayern, dessen Vita bereits in späten 20er Jahren als Stummfilm bekannt gemacht worden war. "Es war kein grosser Film. Intellektuelle Filmkritiker haben ihn ein weiss-blaues Märchen genannt. Trotzdem hatte der Film etwas von der Unwirklichkeit des Schicksals, die Ludwig II. umgab. Man konnte ihr nur nachtwandelnd folgen, um ihr gerecht zu werden", beschrieb O. W. Fischer seine Annäherung an den mystischen Alpenkönig, den er als religiösen Einzelgänger versatnd. Er schrieb sich einige Szenen auf den Leib, die diesen Zug herausarbeiteten, aber vom entsetzten Helmut Käutner ersatzlos gestrichen wurden: "Der König war ja wohl fromm, aber Ludwig II. auf du und du mit Jesus wäre nun wirklich zu abstrus gewesen." Schliesslich unterbreitete man das Drehbuch dem Hause Wittelsbach, um sich durch Vorzensur die Drehgenehmigung in Hohenschwangau, Neuschwanstein und Herrenchiemsee zu erkaufen.

An diesen Schauplätzen gestalteten Kameramann Douglas Slocombe und der phantasmenerprobte Architekt Heinz Heckroth (Oscar für The Red Shoes) mit von ihnen entwickelten Silberspiegelglasplatten und massstabgetreuen Modellen die einzelnen Bauphasen der Märchenschlösser und Gralsburgen nach, erweckten in den Interieurs Ludwigs Rauschgoldphantasien zu neuem Leben und liessen die Technicolor-Farben verrückt spielen. "Das Schönste an den Dreharbeiten war" für Drehbuchautor Georg Hurdalek, "dass alle, die damit zu tun hatten, ein bisschen zu spinnen anfingen."

O. W. Fischer spielte als König Ludwig II. von Bayern die Rolle die ihn laut Spiegel "unsterblich machen wird, die eines verklemmten Liebhabers, eines vom Schicksal Gebeutelten, von Dämonen getriebenen." Vor allem ihm ist wohl der überragende Erfolg des Films zuzuschreiben. In grenzenloser Identifikation brachte er selbst das schier unmögliche Flackern in den wahnsinnigen Augen des Königs zustande und stellte selbstgefällig fest: "Wenn man vor der Peterskirche steht, hält man dieses Werk auch für unmöglich. Aber jeder von uns Künstlern hat doch etwas von einem Michelangelo." Für das monumentale Werk erntete er neben dem Deutschen Filmpreis und dem Bambi auch ganz besonderen Dank: am 7. Februar 1955 wurde er in Schloss Nymphenburg von Kronprinz Rupprecht zu einer Audienz empfangen.

Als Prinz Otto, König Ludwigs wahnsinniger Bruder, erregte Klaus Kinski erstmals die Aufmerksamkeit der Filmwelt. Günter Groll befindet in der Süddeutschen Zeitung: "Stärkste Chargen: Willy Rösner als Lutz, Paul Bildt als Richard Wagner und der vielbeschrieene Klaus Kinski als schizophrener Otto, Ludwigs Bruder. Man verglich ihn mit Marlon Brando, was ich abwegig finde - aber vielleicht wird er einmal eine Art Orson Welles, samt Vor- und Nachteilen des Enfant terrible." Von dem ihn bewundernden O. W. Fischer wurde Klaus Kinski auch gleich wieder für dessen nächsten Film Hanussen (1955) engagiert.

Inhalt

Der Film beginnt mit dem Leichenzug für den toten König Ludwig II. (O. W. Fischer), erzählt dann aber in einer chronologisch geradlinigen Rückblende die Lebensgeschichte des Königs. Ludwig II. besteigt den bayerischen Thron. Als er gewahr wird, dass der eigentliche Herrscher Bismarck (Friedrich Domin) ist, überlässt er gekränkt die politischen Geschäfte seinen Ministern und widmet sich seinem Wunschtraum, ein Königreich der Musen zu errichten. Er holt Richard Wagner (Paul Bildt) nach München, fördert ihn grosszügig, muss ihn aber bald wieder wegen seines Lebenswandels entlassen. Er lässt die märchenhaften Schlösser Linderhof, Herrenchiemsee und Neuschwanstein errichten, was ihm den Vorwurf der Masslosigkeit einträgt. Ludwig II. soll den deutschen Kronprinzen empfangen. Er weigert sich, denn die Sorge um seinen schizophrenen Bruder Otto (Klaus Kinski) ist ihm wichtiger. Die Brüder agieren als hilflose Wesen, vom Stehkragen der Uniform noch aufrecht gehalten, übertönt vom Ausbruch der Kaiserhymne ("Heil dir im Siegerkranz") und im Hintergrund sieht man am Palastfenster die Reichsfahne, die zum Schluss dieser Sequenz von der Kamera "angefahren" wird. Das Bild löst sich auf in die Farben Schwerz-Weiss-Rot, der Aussenwind bläht das Reich in Bayerns Innenräume.

Verbittert scheut er die Menschen und vereinsamt. Wenn er mit seiner Verlobten, Prinzessin Sophie (Marianne Koch), Wagners Rheingold ganz allein in der Oper erleben will oder mit deren Schwester, Kaiserin Elisabeth "Sissi" (Ruth Leuwerik), den von viertausend Kerzen erleuchteten Spiegelsaal auf Herrenchiemsee betritt, erschauern die Frauen ob der leeren Räume. Doch die durch ihre Pflichten als österreichische Kaiserin stark eingebundene ständige Vertraute Ludwigs hält ihm die Treue - selbst als er wie sein Bruder Otto erste Zeichen des Wahns offenbart und von seinen Ministern entmündigt wird. Unter der Aufsicht des Psychiaters Dr. Gudden (Robert Meyn) lebt er auf Schloss Berg am Starnberger See. Während Sissi seine Rettung vorantreibt, schreitet Ludwig in die Fluten des Starnberger Sees.

Kritik

  • Gunter Groll: Weissblaue Schwermut. In: Süddeutsche Zeitung, 17.01.1955
  • Noch nie auf der Leinwand strahlte Bayerns Himmel so weiss und blau wie in diesem Film der Zugereisten über den Mann, der ja immer die Künstler aller Stämme nach Bayern holen wollte - zwar gab es damals noch keinen Film, doch hätte es ihn gegeben: wer weiss, ob nicht Richard Wagner das grösste Farbfilmmusikdrama der Welt daraus gemacht und ob ihm nicht der König eine Filmhalle hingebaut hätte, gegen die Geiselgasteig rein gar nix wäre. [Gunter Groll: Lichter und Schatten]

Auszeichnungen

  • Helmut Käutner am Film Festival de Cannes 1955 als bester Regisseur nominiert
  • Deutscher Filmpreis 1955: Filmband in Gold [oder Silber?] an O. W. Fischer (Darsteller)
  • Bambi 1956: "Geschäftlich erfolgreichster Film 1955"
  • Prädikat: Wertvoll.

Literatur

  • Käutner / Herausgeber: Wolfgang Jacobsen, Hans Helmut Prinzler. - Berlin : Edition Filme, 1992. - 344 S. : Ill. ; 20 cm. - ISBN 3-89166-159-2